Gedenken an die Reichspogromnacht im Jahr des größten Massakers an Juden seit der Shoah

Der 9. November ist in Deutschland ein wichtiger und zugleich erschreckender Tag. Wichtig, weil wir an ihm einer folgenreichen Vergangenheit, ja, eines Geschehens gedenken, das Deutschland bis heute prägt. Erschreckend, weil er nicht nur den Blick auf maßlose Gewalt und Brutalität eröffnet, sondern auch den Beginn dessen markiert, was als beispielloser Völkermord in die Geschichte eingehen sollte.

zerstörtes jüdisches Geschäft in Magdeburg

Als die NSDAP sich am Abend des 9. Novembers 1938 zusammenfindet, um des sich jährenden vereitelten Putsches aus dem Jahr 1923 zu gedenken, hielt Göbbels mit der Zustimmung Hitlers eine Hetzrede gegen jüdische Menschen in Deutschland. Führungspersönlichkeiten der SA gaben im Anschluss direkte Befehle zur Pogromnacht telefonisch weiter. Für die Aktionen gegen Juden wurden aber auch Auflagen weitergegeben, beispielsweise dass darauf geachtet werden müsste, dass „deutsches“ Leben und Eigentum nicht gefährdet werden dürfte.1Vgl. https://www.lpb-bw.de/reichspogromnacht (Stand 9.11.2023) Als offizieller Anlass für die Pogrome wurde das Attentat genannt, das der junge Herschel Grynszpan auf Ernst von Rath2Für mehr Infos siehe https://www.dhm.de/lemo/biografie/ernst-vom-rath.html (Stand 9.11.2023), einen nationalsozialistischen Funktionär, nur zwei Tage zuvor verübte. Von Rath verstarb an den davongetragenen Verletzungen am Nachmittag des 9. Novembers. Was in der Nacht vom 9. auf den 10. November und auch am Tag des 10. November geschah, wurde nie zu verheimlichen versucht: Deutschlandweit wurden mindestens 1.400 Synagogen in Brand gesteckt, Überreste wurden später teilweise gesprengt, es wurden mehr als 7.000 Geschäfte sowie Wohnungen jüdischer Menschen verwüstet, es wurden hunderte jüdischer Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben. Dabei gehen die Zahlen auseinander: Eine offizielle Angabe bezog sich auf 91, andere sprechen von 400, wieder andere von mindestens 1.000. In der Folge wurden bereits über 30.000 Juden in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald deportiert. Durchgeführt wurden die Pogrome von SA- und SS-Offizieren, aber es beteiligten sich auch „normale“ Bürger. Für den Schaden, den Deutsche anrichteten, wurde „den Juden“ eine zu zahlende Strafe von einer Milliarde Reichsmark auferlegt, die von den Finanzämtern eingetrieben wurde.

Das Bild zeigt, wie in Baden-Baden kurz nach den Novemberpogromen Juden in einer Kolonne zur sog. „Schutzhaft“ in ein KZ verbracht werden.

In diesem Jahr „gewinnt“ (oder sollte man eigentlich vom Verlieren sprechen?) der heutige Gedenktag jedoch für jüdische wie auch nicht-jüdische geschichtsbewusste Menschen in Deutschland noch eine andere Seite hinzu: die der Angst. Seit die Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 das größte Massaker in der Geschichte Israels verübte und damit einen Krieg mit dem jüdischen Staat vom Zaun brach, nimmt auch in Deutschland die Unsicherheit zu. Es kam mittlerweile zu über 450 sog. pro-palästinensischen Demonstrationen3Vgl. https://www.volksfreund.de/nachrichten/politik/inland/faeser-450-propalaestinensische-demos-seit-dem-7-oktober_aid-101102373 (Stand 9.11.2023), von denen die meisten aber für anti-israelische und anti-semitische Hetze genutzt wurden, stets begleitet von massiven Gewaltausbrüchen. Wieder, wie vor 85 Jahren, werden in diesen Tagen Häuser, in denen jüdische Menschen wohnen, mit einem Davidstern beschmiert. Wieder werden jüdische Menschen mit Wort, aber auch physisch immer wieder angegriffen: Während die polizeiliche Erfassung von antisemitischen Straftaten in den Quartalen zuvor stets unter einer Zahl von 500 blieb, wurde diese Hürde allein im ersten Monat des vierten Quartals schon weit überschritten.4Vgl. https://www.fr.de/politik/antisemitische-straftaten-bereits-vor-israel-krieg-stark-gestiegen-zr-92657023.html (Stand 9.11.2023)

Umso wichtiger ist es, dass wir an der Erinnerung und dem Gedenken festhalten, dass wir nicht wie all die beistehenden Deutschen damals nur zuschauen, sondern Stellung beziehen. Lesen Sie gerne unsere Beiträge zum Thema der Shoah, um sich zu informieren, und senden Sie die Links gerne an Freunde und Bekannte weiter. Beispielsweise finden Sie hier einen Beitrag dazu, warum Erinnern an den Holocaust so wichtig ist. Wir empfehlen auch unseren Artikel zu verschiedenen Ausprägungen von Antisemitismus weiter.

Unsere Mitarbeiter waren in verschiedenen ehemaligen Konzentrationslagern. Die Berichte zu Buchenwald und Auschwitz können Sie auf unserer Website einsehen. Sie können auch unserer Autorin auf ihrem Besuch in Yad Vashem folgen.

Auf unserer Homepage finden Sie hier noch viele weitere Beiträge zur Shoah und den Nachwirkungen.

Zu guter Letzt möchten wir Ihnen nochmals unser Gebetsvideo mit Psalm 121 ans Herz legen, das Sie hier finden.

 

  • 1
    Vgl. https://www.lpb-bw.de/reichspogromnacht (Stand 9.11.2023)
  • 2
    Für mehr Infos siehe https://www.dhm.de/lemo/biografie/ernst-vom-rath.html (Stand 9.11.2023)
  • 3
    Vgl. https://www.volksfreund.de/nachrichten/politik/inland/faeser-450-propalaestinensische-demos-seit-dem-7-oktober_aid-101102373 (Stand 9.11.2023)
  • 4
    Vgl. https://www.fr.de/politik/antisemitische-straftaten-bereits-vor-israel-krieg-stark-gestiegen-zr-92657023.html (Stand 9.11.2023)

 

Quellen:

https://www.fr.de/politik/antisemitische-straftaten-bereits-vor-israel-krieg-stark-gestiegen-zr-92657023.html (Stand 9.11.2023)

https://www.volksfreund.de/nachrichten/politik/inland/faeser-450-propalaestinensische-demos-seit-dem-7-oktober_aid-101102373 (Stand 9.11.2023)

https://www.lpb-bw.de/reichspogromnacht (Stand 9.11.2023)

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/ausgrenzung-und-verfolgung/novemberpogrom-1938.html (Stand 9.11.2023)

https://www.dhm.de/lemo/biografie/ernst-vom-rath.html (Stand 9.11.2023)

https://www.jmberlin.de/thema-9-november-1938 (Stand 9.11.2023)

https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/320945/pogrom-reichspogromnacht/ (Stand 9.11.2023)

Zurück
  • 1
    Vgl. https://www.lpb-bw.de/reichspogromnacht (Stand 9.11.2023)
  • 2
    Für mehr Infos siehe https://www.dhm.de/lemo/biografie/ernst-vom-rath.html (Stand 9.11.2023)
  • 3
    Vgl. https://www.volksfreund.de/nachrichten/politik/inland/faeser-450-propalaestinensische-demos-seit-dem-7-oktober_aid-101102373 (Stand 9.11.2023)
  • 4
    Vgl. https://www.fr.de/politik/antisemitische-straftaten-bereits-vor-israel-krieg-stark-gestiegen-zr-92657023.html (Stand 9.11.2023)