Lichterfeste – Chanukka und Weihnachten

„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!“ (Jesaja 60,1)

Diese ermutigende Zusage des Alten Testaments wird in dieser Vorweihnachtszeit besonders häufig in christlichen Gottesdiensten gelesen.

Zu Weihnachten wird gefeiert, dass Jesus Christus geboren wurde und Gott sich als kleines Kind offenbart hat und das unvergleichbare „Licht Gottes“ in unsere Welt gebracht.
Einer der schönsten Bräuche der Adventszeit ist es, die Dunkelheit des Dezembers durch Lichter zu erhellen. Die Fenster werden mit Lichterketten und Lichterbögen geschmückt und Kerzen werden angezündet.

Weihnachten ist also für viele ein wahres Lichterfest, gerade auch – im übertragenen Sinn – emotional und gedanklich gegen die Dunkelheiten in der Welt als Hoffnungszeichen verstanden.

Aber diese Form des Feierns in der kalten Jahreszeit gibt es nicht nur in der westlichen Kultur, sondern auch im Nahen Osten und überall auf der Welt. Die jüdische Gemeinde feiert nämlich Chanukka (חֲנֻכָּה / חנוכה) – 8 Tage lang steht dabei das Licht in aller Aufmerksamkeit. Dieses Jahr findet dieses Fest vom 18.12. bis zum 26.12. statt – wir befinden uns also mitten im Feiern dieses jüdischen Hoffnungsfestes.

 

Juden erinnern sich bei diesem Fest seit jeher an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahre 164 v. Chr. Damit verbunden ist eine einschneidende Befreiungsgeschichte, denn vor der neuen Weihung musste der Tempel erst von den heidnisch-hellenisierten Juden und Seleukiden befreit werden. Der jüdische Tempel wurde durch einen Zeus-Altar im Heiligtum kultisch verunreinigt, was den Gott Israels gleichsetzte mit der griechischen Götterwelt.

Die jüdische Identität und der jüdische Glauben wurden dann bei einem erfolgreichen Aufstand der Makkabäer, einer frommen jüdischen Gruppierung,gegen den Götzendienst zurückerobert. Der jüdische Tempeldienst wurde daraufhin wieder eingeführt.

Eine Chanukkia - festlich geschmückt

Eine Chanukkia – festlich geschmückt

Damit einhergehend erlebten die damaligen Juden ein Wunder. Das Licht der Menora, des siebenarmigen Leuchters im Tempel, durfte nämlich nie erlöschen. Durch die Kämpfe mit den Seleukiden war nicht mehr genug Öl vorhanden, um die Lichter länger am Brennen zu erhalten und die Produktion von neuem Öl sollte acht Tage dauern. Wie durch ein Wunder reichte das wenige verbliebene Öl aber die gesamte Dauer von acht Tagen.
Deswegen wird Chanukka heute acht Tage lang gefeiert und der besondere Leuchter für dieses Fest, die Chanukkia, besitzt acht Arme.  Jeden Abend nach dem Abendgebet wird mithilfe der mittleren 9. Kerze, dem sogenannten Diener, eine neue Kerze angezündet, sodass am Ende alle Kerzen brennen.

Für mehr Informationen zum jüdischen Chanukka und seiner Geschichte klicken Sie hier.

Wenn heute eine jüdische Familie Chanukka feiert und abends eine Kerze anzündet, dann wird sofort alle Arbeit ruhen gelassen und das für mindestens eine halbe Stunde. Neben der Besinnung auf die Geschichte ihrer Vorfahren wird aber auch ausgelassen gefeiert, vor allem mit der Familie, aber auch mit Freunden und der Gemeinde. Es gibt meist ölige Speisen und es werden Gebete gesprochen und Lieder gesungen. Die Kinder bekommen Geschenke und Süßigkeiten und spielen bestimmte Chanukka-Spiele (z.B. mit dem Dreidel).

 

Kommt uns das nicht bekannt vor?

Ein Familienfest im Dezember, bei dem gemeinsam gegessen und gesungen wird, bei dem man sich gegenseitig beschenkt und die besinnliche Zeit durch die Lichter betont wird – das christliche Weihnachtsfest ähnelt in vielen Punkten der Gestaltung eines typischen Chanukka Festes.

Besonders der Adventskranz, der von dem Deutschen Johann Hinrich Wichern etabliert wurde, erinnert sehr an die Tradition des Anzündens der Kerzen der Chanukkia. Jeden Adventssonntag vor dem Fest wird in froher Erwartung eine weitere Kerze angezündet, bis zu Weihnachten alle Kerzen brennen. Im Advent geht es um das Warten auf Weihnachten und somit auf das Wunder von Jesu Geburt. Die Adventslichter erinnern daran, dass der Gottessohn damals in diese düstere Welt kam und dass er versprochen hat, wieder zu kommen und seine Nachfolger nicht im Stich zu lassen.

Und auch die Juden warten auf ein Wunder. Sie feierten das Wunder, dass das Öl ausgereicht hatte, aber viel mehr warteten sie auf das Wunder der Befreiung des Tempels aus der Hand der Gottlosen. Das brennende Licht bedeutete die neue Möglichkeit, den Gott Israels wieder verehren zu können. Auch für sie wurde die Dunkelheit der heidnischen Übernahme beendet, was den heutigen Juden auch eine Hoffnung für ihre derzeitige Realität schenkt.

Jesus Christus, der der ursprüngliche Grund für das christliche Weihnachtsfest ist, feierte selbst Chanukka (Joh 10,22). Er reihte sich mit ein in das Feiern und Hoffen auf das Licht, in dem Wissen, dass er selbst das Licht ist, auf dass alle gewartet haben (Joh. 8,12).

Er kam in die Welt, um die Dunkelheit zu vertreiben und Licht zu bringen – und dass auch für Israel und das Volk der Juden, wie schon in Römer 11,26 steht „Und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht: »Es wird kommen aus Zion der Erlöser; der wird abwenden alle Gottlosigkeit von Jakob.“

 

Weihnachten und Chanukka haben also eines gemeinsam: das hoffnungsvolle Warten auf das Licht der Welt.

Die Zusage vom Anfang aus dem Alten Testament bleibt so für Christen und für Juden also universell:

„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!“ (Jesaja 60,1)

 

In diesem Sinne wünscht Ihnen das Institut für Israelogie frohe Weihnachten und ein gesegnetes Chanukka!

 

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