Es ist so weit: Der wissenschaftliche Artikel zur Ebal-Fluchtafel wurde veröffentlicht!

Im vergangenen Jahr schlug der Fund große Wellen in der internationalen Welt der Archäologie und auch die Theologie konnte davon nicht unberührt bleiben: Unter der Leitung von Dr. Scott Stripling, einem Archäologen und Mitarbeiter der US-amerikanischen Vereinigung Associates for Biblical Research, wurde während eines Arbeitseinsatzes auf dem Berg Ebal in Samaria eine kleine Fluchtafel gefunden. Der Fund wurde bereits 2019 gemacht, doch hielt die beginnende Covid-19-Pandemie die Forscher davon ab, die Tafel, die in Israel gelagert war, weiter zu untersuchen. In einem Institut in Prag konnten schließlich erste Auswertungen durchgeführt werden. Die Ergebnisse waren faszinierend und machten viele Forscher sprachlos: Auf der Tafel steht ein Fluch, der den Gottesnamen JHW (Kurzform von JHWH) trägt – der bisher älteste Fund dieser Art, denn datiert wird die Tafel dank bestimmter Untersuchungsmethoden auf das 13. Jahrhundert v.Chr. Nun wurde endlich, nach einem Jahr des Wartens, ein wissenschaftlicher Artikel von Dr. Scott Stripling und seinem Team veröffentlicht. Der Artikel ist beim Verlag Springer Open frei zugänglich, die Links finden Sie unten. Doch schauen wir uns die wichtigsten Punkte des Fundes samt und der dazugehörenden wissenschaftlichen Erläuterung an.

Die Aufnahme zeigt den Berg Ebal mit der archäologischen Ausgrabungsstätte. Foto: Daniel Ventura auf Wikimedia Commons.

Der Fund. Wie Sie schon im vergangenen Jahr in unserem Beitrag zum Fund lesen konnten, handelt es sich bei dem dabei um einen kleinen Gegenstand mit großer Wirkung: Nur 2x2cm misst die kleine Tafel, die fest zusammengeklappt war, als das Team der Archäologen sie fand. Während des Einsatzes war das Team dabei, einen kleinen Berg von Geröll zu untersuchen. Dieser war während Ausgrabungen in den 1980er Jahren von Dr. Zertal und seinem Team als unnütz aussortiert worden. Stripling und sein Team wollten diese Überreste nun mit einer neuen Methode, dem Nasssieben, erneut untersuchen, um übersehene Funde zu bergen – schon bei anderen Projekten hatten sie mit diesen nachträglichen Untersuchungen Erfolg und konnten wichtige Details zur bisherigen Historie von Untersuchungen ergänzen. Dabei kam die kleine Tafel zutage, der nun während der Pandemie durch aufwendige Röntgentomographie-Scans im Fachlabor in Prag ihr Inhalt entlockt werden konnte: „Verflucht, verflucht, verflucht – verflucht vom Gott JHW: Du wirst sterben, verflucht, verflucht, du wirst sicher sterben. Verflucht von JHW – Verflucht, verflucht, verflucht“. Mit ihrer Datierung ist die Tafel knapp 300 Jahre älter als das bisher älteste Fragment mit antikem Hebräisch und knapp 600 Jahre älter als der bisher älteste Beleg des Gebrauchs des Gottesnamens JHWH.

Bestehend aus 48 Buchstaben der antiken proto-alphabetischen Keilschrift ist diese Inschrift mit ihrer Datierung also das bisher älteste Fragment, das den biblischen Gottesnamen JHW(H) trägt. Besonders spannend wird es, wenn man in die theologisch-archäologische Diskussion einsteigt: Gefunden wurde sie auf dem Berg, auf dem laut Dtn 11,29, Dtn 27 und Jos 8,30ff. direkt nach dem Einzug in das verheißene Land die Fluch- und Segensformeln gesprochen wurden, um das Volk Israel an den Bund sowie die Folgen des Bundesbruchs zu erinnern. Liberale Forschung hielt den biblischen Bericht zumeist für fiktiv: Es habe die Landnahme, wie in der Bibel beschrieben, so nie gegeben (ergo auch nicht den Auszug aus Ägypten, der natürlich engstens mit diesem Narrativ zusammenhängt), der Monotheismus um den Gott JHWH habe sich erst nachexilisch herausgebildet (also frühestens im 6. Jhdt. v.Chr., was alle vorangegangenen biblischen Schriften als nachträglich erarbeitet oder zumindest bearbeitet darstellt) und das Volk, das die Israeliten um 1300 v.Chr. gewesen sein mögen, wäre zur Artikulation von Gedanken in Schriftsprache zu dieser Zeit kaum fähig gewesen. Durch derlei Annahmen wird natürlich die Zuverlässigkeit des gesamten Narrativs der biblischen Berichte um die ersten Bücher der Bibel in Frage gestellt.

Blei ist ein natürliches Mineral und wurde schon in der Antike für verschiedene Zwecke verwendet – so etwa, um kleine Täfelchen herzustellen.

Dass nun eine Fluchtafel aus dem 13. Jahrhundert v.Chr. auf dem Berg gefunden wurde, auf dem nach dem Alten Testament die Flüche gesprochen wurden, die auch noch den Namen JHW(H) enthält, ist also ein Sensationsfund, der einige festgefahrene Meinungslager ins Wanken bringen kann. Denn die kleine Tafel aus Blei würde nicht nur ein neues Licht auf die Datierung des Exodus werfen sowie die Wahrhaftigkeit des Einzugs in das verheißene Land, wie sie uns in der Bibel beschrieben wurde, sondern sie würde auch die biblische These unterstützen, dass die Israeliten damals schon schreiben konnten und ein entwickeltes Alphabet benutzten. Stimmt dies, dann muss die Annahme der ersten Bücher der Bibel und der Tradition um den Exodus und die Landnahme als historisch zuverlässige Zeugnisse neu überdacht werden. So stellte Scott Stripling während der Pressekonferenz des vergangenen Jahres nach der Erläuterung des Fundes fest: “One can no longer argue with a straight face that the biblical text was not written until the Persian period or the Hellenistic period, as many higher critics have done, when we clearly do have the ability to write the entire text (gemeint ist der der Bibel) at a much, much earlier date (als allgemein angenommen).“ Gershon Galil, ein weiterer am Projekt beteiligter Wissenschaftler aus Israel, unterstützt seinen Kollegen, indem er zum Fund sagt: “The scribe that wrote this ancient text, believe me, he could write every chapter in the Bible.” Damit spielt er nicht nur auf die Verwendung eines ausgebildeten Alphabets und aufwendigen Vokabulars an, sondern auch auf die des poetischen Chiasmus, den die Forscher in den eingeritzten Worten sehen. Es handelt sich also um entwickelte und hochkomplexe Sprache, so die Forscher. Die Bedeutung des Fundes für Theologie und Archäologie, wenn er allen Anfragen und Zweifeln standhalten kann und im Laufe der Zeit noch weitere Erläuterung und Unterfütterung bekommt, ist also kaum zu überschätzen.

Der Artikel. Nachdem im vergangenen Jahr der Fund bereits in einer Pressekonferenz bekannt gegeben wurde (lesen Sie hier unseren Artikel des letzten Jahres dazu), ging eine Art Aufschrei durch die Reihen der Experten: Es sei eine sehr ungewöhnliche Vorgehensweise, einen Fund zuerst der Presse bekannt zu geben, bevor man den Fund zur wissenschaftlichen Validierung an Kollegen liefere. Wie Stripling erklärte, hatten er und sein Team Gründe für diese ungewöhnliche Vorgehensweise (siehe unter „Kritik“.). Doch das wissenschaftliche Fundament lieferten er und seine am Projekt beteiligten Mitarbeiter Gerhon Galil (Haifa), Ivana Kumpva, Jaroslav Valach und Daniel Vavrik (Tschechien) und Pieter Gert van der Veen (Mainz) nun in einem 24-seitige Artikel nach.

Dr. Adam Zertal war ein bedeutender Archäologe und änderte im Laufe seiner Forschungsarbeit aufgrund seiner Funde seine Meinung über die Bibel als historische Quelle, die er früher für einen Mythos hielt.

Der Artikel besteht aus einigen sehr wichtigen und sich ergänzenden Bestandteilen. Zuerst steht eine Einleitung zum Ort des Fundes (Ss.1-2) sowie seinem archäologischen Kontext (Ss.2-3). Dr. Adam Zertal betrieb seine Ausgrabungen auf dem Berg Ebal in den Jahren 1982 bis 1989 und legte zwei Altarstrukturen frei, von denen er eine mit dem Altar Josuas (Jos 8,30) identifizierte. Eine Zeichnung der Ausgrabungsstätte malt dem Leser den Ort gut vor Augen. Die Fluchtafel stammte vermutlich aus dem Füllmaterial des Altars, war also damals vielleicht absichtlich am Altar belassen worden aufgrund der gewollten Fluchwirkung. Solche Fluchtafeln, auch defixio genannt, sind in der Antike sehr bekannt und waren bisher berühmt für ihre häufige Anwendung in der hellenistisch-römischen Epoche, aber auch später der christlich-byzantinischen Epoche. Doch gab es sie auch schon früher: Sie hatten die Funktion einer (Selbst-)Verpflichtung einer Person oder Gruppe, denn der Fluch sollte auf einen kommen, sollte man etwas nicht einhalten. Der Fluch, der im Inneren des Bleitäfelchens aufgeschrieben wurde, war bindend, da er nach seiner Niederschrift verschlossen wurde, indem die Tafel zusammengeklappt und versiegelt wurde. Ein Zurück gab es nicht mehr, denn die Tafel konnte ohne Zerstörung nicht mehr geöffnet, das Innere also nicht geändert, geschweige denn gelöscht werden. Die Tafel, die aus dem östlichen Schutthaufen stammt, den Zertal von seinen Grabungen des „Josua-Altars“ zurückließ, misst 2x2cm in HöhexBreite und nur 0,3cm in der Dicke, wobei eine einzelne Bleischicht gerade mal 0,4mm dick ist.

Den einleitenden Bemerkungen schließt sich gleich die Erläuterung zu den tomographischen Scans an (Ss.3-5), die angewandt wurden, um das Innere der Fluchtafel zu entziffern. Das Forscherteam unter der Leitung von Stripling in Zusammenarbeit mit Galil und van der Veen entschied sich, die Tafel in die Hände des bekannten Labors des tschechischen Institutes for theoretical and Applied Mechanics zu geben. Hier wurden in einem langen Prozess röntgentomographische Scans mit anschließender Zusammensetzung der Bilder durch einen Computer (die Methode wird auch XCT genannt) der Tafel durchgeführt, da sie nicht geöffnet werden konnte, ohne sie zu zerstören. Auf S.5 ist die stückweise Rekonstruktion des Inneren beispielhaft gezeigt.

Der wichtigste und für alle Forscher interessanteste Teil ist der, der nun folgt und der den meisten Raum im Beitrag (Ss.5-21) einnimmt: Es liegt die genaue Erklärung vor, wie man zur Entzifferung des Fluches mit seinen 48 Buchstaben gekommen ist, untermauert mit den Aufnahmen des Scans sowie zusätzlichen Skizzen, die die proto-alphabetischen Buchstaben aufzeigen sollen. Wie im vorangegangenen Beispiel auf S.5 wird nun stückweise das Innere der gefalteten Fluchtafel offengelegt und der Leser in den Prozess der paleographischen Rekonstruktion der Schrift mithineingenommen. Die zum Teil etwas undeutlichen Scan-Bilder werden mit von Galil, Stripling und van der Veen angefertigten Skizzen ergänzt, die aufzeigen, in welchen gefundenen Linien die Forscher welchen proto-alphabetischen Buchstaben sehen. Dabei ergibt sich, so Galil, die schon seit einem Jahr bekannte Fluchformel: „Verflucht, verflucht, verflucht – verflucht vom Gott JHW: Du wirst sterben, verflucht, verflucht, du wirst sicher sterben. Verflucht von JHW – Verflucht, verflucht, verflucht“.

Auf S.8 räumen die Forscher selbst ein: “The interpretation derives from the available tomographic slices. Since the tablet cannot be unfolded, direct study of the inside inscription is impossible. Some letters are not fully visible on all slices, and a few forms lack certainty. Identifying letters near and within the central fold is especially challenging due to cracks and bends in the lead.” Auch die Größe der Buchstaben (zwischen 1,5-4 mm) erschwere die Lesung. Mit dieser Ehrlichkeit macht sich das Forscherteam natürlich angreifbar für Zweifel von Gegnern ihres Fundes und der daraus resultierenden Thesen (s. unten „Kritik“). Auf den folgenden Seiten gehen die Forscher jedoch sorgfältig jeden gefunden Buchstaben durch, erklären dessen etymologischen Hintergrund und die Bedeutung für den Fluch. Sie zeigen Buchstaben auf gezoomtem Scan und stellen daneben eine Zeichnung des Buchstabens, wie sie ihn darin erkennen. Ab S.17 gehen die Forscher dann zur Erklärung des Vokabulars weiter: Die Wörter El, YHW(H) und die Wortsammlungen tamut – mot tamutund arur – ata arur – arur ata (also die hebräischen Wörter der oben übersetzten Fluchformel) werden in ihren etymologischen, historischen und biblischen Hintergründen genau beleuchtet.

Die hebräische Keilschrift ist eine von vielen antiken Schriften aus dem Vorderen Orient. Hier sieht man auf der Tel Dan Inschrift beispielsweise die aramäische Keilschrift, die sehr ähnlich ist.

Nach dieser eingehenden Erläuterung der Forschungsergebnisse folgen abschließende Erklärungen zu Material (S.21), Genre und „Sitz im Leben“ (Ss.21-22) und eine Schlussfolgerung (S.24). Obwohl Fluchtafeln schon eine alte Tradition haben, ist diese vom Ebal einzigartig in ihrem Inhalt. Das Blei, aus dem sie gefertigt ist, stammt vermutlich aus einer Mine in den Ägäen, genauer der Region Lavrion in Griechenland, die in der Zeit der Datierung aktiv war, wie Stripling mehrmals begründete. In dem Fund vermuten die Forscher nicht einfach nur eine simple Fluchformel, sondern wohl auch einen rechtlichen Text: Im Zusammenhang mit dem Bund zwischen JHWH und dem Volk Israel formuliert die Tafel eine Warnung, die mit einer Art „Vereinbarung“ zwischen den Bundespartnern einhergeht. Abschließend halten die Forscher fest, dass die paläographische Untersuchung ebenso wie das Material auf eine Datierung der Epoche Bronze 2, in genauerer Eingrenzung zwischen 1400-1250 v.Chr. hinweist. Die Datierung wird durch das Material ebenso wie den archäologischen Kontext, nämlich die Funde Zertals rund um den antiken Altar, bestätigt.

Am Ende stehen abschließende Bemerkungen und Angaben zu gemachten Referenzen. Diesem ersten Artikel soll im kommenden Jahr ein weiterer über die Schrift auf den Außenseiten der Tafel folgen. Auch ist eine internationale Konferenz zum Fund geplant – doch wann und wo diese stattfinden wird, ist noch offen.

Kritik. Wie es bei einem solchen Fund zu erwarten ist, ließ die Kritik nicht lange auf sich warten. Als Scott Stripling im vergangenen Jahr den Fund seines Teams bekannt gab, wurden sogleich Stimmen laut, die Kritik übten sowohl an den Schlussfolgerungen Striplings zur Bedeutung des Fundes als auch zur Art und Weise: Normalerweise wird in akademischen Kreisen ein Fund zuerst bekannt gegeben, indem ein wissenschaftlicher Artikel veröffentlicht wird, nicht durch eine Pressekonferenz. Doch kam es dazu durch einen Fehler von Striplings Seite, der sich des akademischen Knigge bewusst ist: Nicht wissend, wie bedeutend der Fund wirklich sein könnte, hatte er frühzeitig Fotos auf seinen Social Media Kanälen veröffentlicht. Sofort begannen andere, die Buchstaben zu entziffern. Um also einem Raub von Gedankengut vorzubeugen, entschied sich das Team, eine frühzeitige Pressekonferenz einzuberufen, sobald die Ergebnisse aus dem Labor vorlagen. Dadurch sollte klargestellt werden, dass die Rechte des Fundes bei ihnen lagen. Doch so unüblich scheint das Vorgehen Striplings gar nicht zu sein: Schon der Kollege Gershon Galil gab seinen Fund des berühmten Jerusalem Steins in einer Pressekonferenz bekannt und erst danach in einem Artikel.

Christopher Rollston ist Professor für den Vorderen Orient und hat sich u.a. auf das biblische Hebräisch spezialisiert.

Allerdings beschränkt sich die Kritik von Zweiflern nicht auf das Vorgehen von Stripling und seinen Kollegen. Durch die Reihen vieler Forscher schien ein unwilliges Murren zu gehen, doch wollte sich kaum jemand auf die Anfrage von Medien zu konkreter Kritik äußern.1https://www.timesofisrael.com/academic-article-on-controversial-3200-year-old-curse-tablet-fails-to-sway-experts/%20(Stand%2020.5.2023) Prof. Christopher Rollsten war einer der wenigen, der sich gerne und offen auf die Anfrage von Times of Israel hin äußerte: In den im wissenschaftlichen Beitrag veröffentlichten Fotos seien zwar einige Streifen und Vertiefungen zu sehen, was mit dem weichen Material der Bleitafel zu erklären sei – doch handle es sich dabei nicht um Buchstaben. Für ihn habe die Erläuterung des Fundes keine Hand und keinen Fuß, es handle sich nur um Spekulationen über etwas, was die Mitarbeiter des Projektes hineinlesen wollten. Van der Veen reagierte auf die Anschuldigungen und verwies auf seine langjährigen Erfahrungen mit dem antiken Material Blei. Man könne sicher sein, dass es sich bei den Linien um absichtlich mit einem Hilfsmittel eingeritzte Buchstaben handle. Bei den Ausbuchtungen auf der Rückseite handle es sich ebenfalls nicht um irgendwelche zufälligen Linien, sondern um Linien der durchgedrückten Buchstaben.

Prof. Aren Maeir von der Bar Ilan University hat bereits angekündigt, dass er die Statements der Forschergruppe nicht akzeptiere und vorhabe, einen Gegenartikel zu formulieren. In einem Statement lässt er kein grünes Blatt an dem Artikel seiner Kollegen. Er findet es außerdem verdächtig, dass bisher nur die Ergebnisse zum inneren Teil der Tafel, nicht aber die zum äußeren veröffentlicht wurden, die doch Beweise liefern könnten. Auch dagegen geht van der Veen vor: Sie hätten sehr wohl im Artikel bereits Bilder der Außenseite veröffentlicht, die schon die durchgedrückten Linien der Buchstaben zeigten. Der zweite Artikel wird folgen.

Man sieht also bereits in dieser verhältnismäßig jungen Diskussion, wie hoch die wissenschaftlichen Gemüter hochkochen. Ein Fund mit solcher Tragweite wird es nicht leicht haben, in der Welt der Forscher alle zu überzeugen – wer möchte, wird immer eine Unsicherheit ausfindig machen. Dennoch können wir gespannt sein auf die weiteren Veröffentlichungen des Teams ebenso wie auf eventuelle Gegenentwürfe etwa von Prof. Maeir.

Dr. Scott Stripling erklärt bei einer Pressekonferenz den Fund. Das Bild ist der Aufnahme der Konferenz entnommen. Hier finden Sie die ganze Aufnahme: https://www.youtube.com/watch?v=GUzBXZdpfLo

Autoren. Hinter dem wissenschaftlichen Artikel steckte eine ganze Reihe von Wissenschaftlern, die allesamt an der Entdeckung und Auswertung des Fundes beteiligt sind. Scott Stripling hat ein breites Tätigkeitsfeld: Nachdem er und seine Frau Janet als Missionare tätig waren, wechselte er in das Feld der Archäologie, die seine große Leidenschaft sein sollte. Er erhielt zwei MA-Titel und legte seinen PhD an der Veritas International University ab. Seit 2017 arbeitet er als Director in den Ausgrabungsprojekten der Organisation Associates for Biblical Research, deren unbezahltes Mitglied er ist. Erfahrungen sammelte er während einiger Grabungen im Silo-Projekt, in Khirbet el-Maqatir, in Tall el-Hammam in Jordanien, während der Ausgrabungen auf dem Berg Ebal und zuvor als Supervisor beim Temple-Mount-Project, einem israelischen Projekt, wo er die Vorteile der Methode des Nasssiebens kennenlernte.

Gershon Galil erhielt seinen Doktortitel an der Hebrew University in Jerusalem. Er hat zahlreiche Beiträge zur antiken Geschichte des biblischen Israels und der archäologischen Forschung geleistet sowie bedeutende Funde gemacht, darunter der Jerusalem-Stein. Er ist mittlerweile emeritierter Professor an der Universität in Haifa für Biblical Studies, Ancient History und Jewish History.

Ivana Kumpova, Jaroslav Valach und Daniel Vavrik sind Mitarbeiter beim Institute of Theoretical and Applied Mechanics der tschechischen Akademie der Wissenschaften. Kumpova (MA in Ingenieurwesen) ist Spezialistin im Gebiet verschiedener Scan-Methoden wie Röntgen, Tomographie, Radiographie sowie dem Erstellen von 3D-Scans. Sie hat verschiedene wissenschaftliche Beiträge zu diesem Thema veröffentlicht. Dr. Jaroslav Valach ist spezialisiert auf Materialien und Mikrostrukturen. Neben seiner Mitarbeit am besagten Institut ist er Professor an der Tschechischen Universität in Prag. Daniel Vavrik ist Forscher an der technischen universität in Prag und leitet das Mikro-CT-Labor am besagten Institut.

Mit PD. Dr. Pieter Gert van der Veen ist auch ein deutscher Vertreter am Projekt beteiligt, was für deutsche Interessierte von besonderer Bedeutung ist. Als Theologe und Archäologe hat er langjährige Erfahrung als Professor – seit 2019 unterrichtet er in den Bereichen Altes Testament und Archäologie an der Universität Mainz – sowie im Bereich archäologischer Veröffentlichungen. Seit einigen Jahren ist er auch an archäologischen Projekten in Israel beteiligt.

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Sind die antiken Schriften des jüdischen Volkes, die die Großteil unserer Bibel ausmachen, historisches Zeugnis oder mehr Fiktion? Darüber streiten Forscher seit Jahrhunderten.

Und nun? In der Wissenschaft wird zumeist leidenschaftlich diskutiert, da sind Theologie und Archäologie keine Ausnahme. Besonderes emotional scheint die Diskussion zu werden, wenn man den Anspruch stellt, dass die Bibel in ihren Beschreibungen von historischen Ereignissen tatsächlich richtig liegen könnte. Viele liberale Forscher scheinen zu vergessen, dass archäologische Funde nur selten das ganze Bild für die Geschichte in all ihren Einzelheiten liefern können, sondern bloß Einblicke in das Geschehen bieten, Momentaufnahmen sozusagen, auch wenn – wie in diesem Fall – die Funde natürlich extrem bedeutsam sind, weil sie belegen oder widerlegen, dass etwas geschehen ist – was man zunächst für nicht denkbar hielt. Es kommt zur akademischen Lagerbildung in der biblischen Archäologie, da archäologische Funde aus unterschiedlichen Blickwinkeln oder Weltanschauungen interpretiert werden können. Das spiegelt sich auch sehr deutlich in dem behandelten Fund inklusive seines wissenschaftlichen Artikels wider.

Mir persönlich ist es schleierhaft, wie der Fund der Fluchtafel mit einer solchen Wucht von manchen Experten (geprägt von Weltanschauungen) angezweifelt werden kann. Dass jedoch viele Forscher sich bisher nicht äußern wollten, zeigt auch, welche Bedeutung es für Forschung und Theologie haben würde, sollte sich tatsächlich herausstellen, dass Text und Alter korrekt ermittelt wurden: Eine wissenschaftliche Unterstützung des biblischen Narrativ könnte eine Umdeutung der seit langer Zeit vorherrschenden Meinung nach sich ziehen und die vorherrschenden Annahmen ablösen. Das bedeutet, dass wir gespannt den Weitergang der Diskussion verfolgen werden.

Ich möchte jeden Leser und Interessierten ermutigen, sich selbst ein Bild des Fundes und seiner Bedeutung zu machen: Lesen Sie den wissenschaftlichen Artikel, schauen Sie sich die Scans der Tafel an, lesen Sie ausgewogen Vertreter der verschiedenen Meinungen und machen Sie sich ein Bild von der Bedeutung des Fundes. Denn wir erleben gegenwärtig den Verlauf einer bedeutenden Diskussion mit, die weitreichende Folgen auch für die Bibelwissenschaften haben kann.

 

Tipps:

Der Artikel wurde im Heritage Science Journal von Springer Open veröffentlicht und ist unter den beiden folgenden Links frei zugänglich:

https://link.springer.com/epdf/10.1186/s40494-023-00920-9?sharing_token=ZH_X7apyCLdgXbGLWJD7KG_BpE1tBhCbnbw3BuzI2ROILk6dtBVvXew7J6yS1PSgVXtWhHhzfoyYkI0XMFcgFRj5oPY-Et4_hlZnzvm4ghDS8dAaRkdNlPrboW9gnPgNAUPkdHwJqwTdTmezZb1zu6G-EIralvFyXEeeN17-SUI= (Stand 18.5.2023)

https://heritagesciencejournal.springeropen.com/articles/10.1186/s40494-023-00920-9 (Stand 18.5.2023)

Hier finden Sie einen vierteiligen Beitrag der Associates for Biblical Research mit Dr. Scott Stripling mit weiteren Beiträgen zum Fund von ABR: https://www.youtube.com/watch?v=rq-yPAO5Iyw&list=PLxGX6x_7lHL2KGGs-DcD7KoZA22D3gYMh (Stand 21.5.2023)

Die Pressekonferez des vergangenen Jahres finden Sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=GUzBXZdpfLo (Stand 21.5.2023)

Zwei Podcast-Interviews finden Sie auf den folgenden Websites:

https://armstronginstitute.org/897-the-curse-tablet-from-joshuas-altar-on-mount-ebal (Stand 21.5.2023)

https://www.timesofisrael.com/academic-article-on-controversial-3200-year-old-curse-tablet-fails-to-sway-experts/ (Stand 21.5.2023)

 

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    https://www.timesofisrael.com/academic-article-on-controversial-3200-year-old-curse-tablet-fails-to-sway-experts/%20(Stand%2020.5.2023)

 

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    https://www.timesofisrael.com/academic-article-on-controversial-3200-year-old-curse-tablet-fails-to-sway-experts/%20(Stand%2020.5.2023)