Umstrittene UNESCO-Resolution über ‚heilige Stätte‘ in Jerusalem
Es darf nicht in Vergessenheit geraten, dass am 18.10.2016 das Exekutivkomitee der UNESCO eine höchst umstrittene und auch zutiefst problematische Resolution verabschiedet hat. Ziel dieser Resolution sei es gewesen, so die Initiatoren des Dokuments, „das palästinensische Kulturerbe und den unverkennbaren Charakter von Ostjerusalem zu bewahren“ [SpiegelOnline]. Doch ist fragwürdig, ob dieser Text tatsächlich irgendetwas zu „bewahren“ vermag, da er historische Zusammenhänge und Fakten rund um den Tempelplatz in Jerusalem völlig verfälscht und damit eine sachliche Diskussion keinen Nutzen bringt.
Der von den Palästinensern angeregte und von sieben arabischen Staaten ausgearbeitete Textentwurf verurteilt das Handeln der „Besatzungsmacht Israel“ in der Jerusalemer Altstadt und nennt die zentralen heiligen Stätten, wie den Tempelberg und den Platz vor der Klagemauer, nur mit den arabischen Namen. Die Westmauer (Klagemauer) wird nur in Anführungszeichen erwähnt. Wenn auch nicht explizit, so wird implizit und auch teilweise sehr deutlich jüdischer und damit auch christlicher Bezug zu den heiligen Stätten zurückgewiesen, ignoriert und sogar verneint.
Die Abstimmung zur Resolution fiel verhältnismäßig deutlich aus; 24 Stimmen für und nur 6 Stimmen gegen die Resolution bei 26 Enthaltungen. Zu den Gegenstimmen zählten die USA, Großbritannien, Deutschland, Niederlande, Litauen und Estland. Munir Ansatas, der stellvertretende palästinensische Botschafter bei der UNESCO, erklärte, dass die Resolution Israel daran erinnern solle, dass es eine (unzumutbare) Besatzungsmacht in Ost-Jerusalem darstelle. Zugleich rief er die israelische Regierung dazu auf, den „Missbrauch“ islamischer Kultstätten zu stoppen, etwa durch archäologische Grabungen.
Israel hat als Reaktion auf die Resolution die Zusammenarbeit mit UNESCO im Bereich Forschung und Bildung ausgesetzt. Lediglich das Außenministerium setzt seine diplomatische Arbeit fort.
Die Verabschiedung dieser Resolution trifft auf internationaler Ebene auf Unverständnis und wird von vielen Seiten verurteilt. Bei allen Bemühungen, jedes Detail in jedem kleinsten Artikel auf politische Korrekt- und Ausgewogenheit hin zu untersuchen, erlaubt sich die UNESCO ausgerechnet bei einem so heiklen und sensiblen Streitthema die Verabschiedung einer dermaßen einseitigen und implizit geschichtsfälschenden Resolution. Während Israel die Religionsfreiheit für den Islam, das Christentum und das Judentum an den jeweils „heiligen Stätten“ respektiert, gefährdet eine solche Resolution die Friedensbemühungen in der ohnehin schon politisch, sozial und religiös ziemlich angespannten Lage vor Ort.
Der Vorsitzende des Exekutivkomitees, der deutsche Diplomat Michael Worbs, verzichtete auf die Sitzungsleitung und gab sie der schwedischen Botschafterin Annika Markovic ab. Zuvor hatte er sich gegen die Formulierung der Resolution ausgesprochen. Nachdem sein Angebot, die Sitzung zu vertagen, ausgeschlagen wurde, verzichtete er auf die Sitzungsleitung.
In den Tagen nach der Verabschiedung der Resolution haben sich international einige Stimmen zum umstrittenen Text geäußert.
Irina Bokova, Generaldirektorin der UNESCO, übte deutliche Kritik: „Jegliche jüdischen, christlichen oder muslimischen Traditionen zu leugnen, zu verbergen oder auszulöschen, unterwandert die Integrität der Stätte“, erklärte sie bereits kurz nach der Verabschiedung. Des Weiteren versicherte sie in einem Schreiben an den israelischen Bildungsminister Naftali Bennett, sich gegen Antisemitismus in der UNESCO einzusetzen: „Erlauben Sie mir, Ihnen meine absolute Verpflichtung zu versichern, weiterhin alle Bemühungen zu unternehmen, um jeglichen Formen von Antisemitismus entgegenzutreten, einschließlich solcher, die auf parteiische oder verzerrte Visionen von Kultur und Geschichte zurückgreifen, und auch solcher, die versuchen, die Existenz Israels in Frage zu stellen.“ [Israelnetz].
Der scheidende UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon bekräftigte in einer Mitteilung der Vereinten Nationen ebenfalls „die Bedeutung der Jerusalemer Altstadt und ihrer Mauern für die drei monotheistischen Religionen“ und betonte „die Bedeutung der religiösen und historischen Verbindung von Juden, Muslimen und Christen zu der heiligen Stätte“ [Israelnetz].
Innerhalb Israels übten sowohl Politiker aus der Regierungspartei als auch aus der Opposition Kritik.
Das Weiße Haus sprach von einer einseitigen und nicht hilfreichen, hochpolitischen Entscheidung. Bereits im Jahre 2011 hatten die USA ihre Beiträge für die Finanzierung der UNESCO nach dem Beitritt der Palästinenser gestrichen.
Italiens Premier Matteo Renzi zeigte sich in einem Telefonat mit Netanjahu von der Resolution schockiert und wolle prüfen, warum sich Italien bei der Wahl enthalten habe. Außerdem wolle Italien in Zukunft gegen derartige Resolutionen stimmen und auch andere europäische Staaten dazu ermutigen, dies zu tun.
Die „Internationale Christliche Botschaft Jerusalem“ (ICEJ) – eine christliche Organisation – verteilte an die Diplomaten bereits vor der Abstimmung Broschüren über die jüdisch-christlichen historischen Bezüge zu den heiligen Stätten, um auf die Unausgewogenheit des Textes aufmerksam zu machen. Weiterführend forderte sie während der Jahreskonferenz zum Laubhüttenfest Christen auf, Bibeln an die UNESCO zu schicken, um auf die Bedeutung von Jerusalem und dem Tempelberg für Juden und Christen hinzuweisen.
Kritisierende Reaktionen solcher Art haben bis jetzt allerdings kein wahrnehmbares Umdenken und auch keine großen Veränderungen bei den zustimmenden Unterzeichnern gezeigt. Ganz im Gegenteil wurde am Mittwoch, den 26.10., eine weitere israel-kritische Resolution mit dem Titel „Die Jerusalemer Altstadt und ihre Mauern“ verabschiedet. Darin geht es vor allem um die Kontrolle des Tempelbergs. Zwar wird Israel darin nicht mehr durchweg als „Besatzungsmacht“ bezeichnet und die Westmauer ohne Anführungszeichen erwähnt, doch wird Israel abermals beschuldigt, heilige Stätten zu beschädigen und die Religionsfreiheit einzuschränken. Auf Antrag von Kroatien und Tansania stimmten die Mitgliedsländer geheim ab; Zehn stimmten für den Antrag, acht enthielten sich und zwei lehnten ihn ab. Ein solcher Ausgang der Wahl und die Häufung anti-israelischer und anti-jüdischer Resolutionen, kommen durch die hohe und zugenommene Anzahl von Vertretern aus muslimischen Nationen im Exekutivkomitee zustande. In der letzten Sitzung waren Länder wie Deutschland, Kolumbien und Japan, die sich in ihrem bisherigen Verhalten positiv gegenüber Israel verhielten, nicht involviert. An ihre Stelle traten Tunesien, Kuwait, der Libanon und Indonesien.
Welche Konsequenzen die aktuell eingeschlagene Linie der UNESCO und die Ankündigung Irina Borkova’s, intern gegen Antisemitismus vorzugehen, haben werden, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen. Erfreulich sind diese Entwicklungen nicht, sondern vielmehr besorgniserregend und aufrüttelnd.
(st)
Quellen:
http://www.israelnetz.com/nachrichten/detailansicht/aktuell/bibeln-fuer-unesco-98016/ http://www.israelnetz.com/aussenpolitik/detailansicht/aktuell/trotz-kritik-unesco-bestaetigt-jerusalem-resolution-97981/ http://www.israelnetz.com/aussenpolitik/detailansicht/aktuell/ban-kritisiert-unesco-resolution-97958/ http://www.israelnetz.com/aussenpolitik/detailansicht/aktuell/unesco-generaldirektorin-kuendigt-kampf-gegen-antisemitismus-an-98032/ http://www.israelnetz.com/aussenpolitik/detailansicht/aktuell/unesco-verabschiedet-weitere-resolution-zum-tempelberg-98063/ http://www.israelnetz.com/aussenpolitik/detailansicht/aktuell/unesco-resolution-al-aksa-moschee-statt-juedischer-tempel-97928/ http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/26748 http://www.spiegel.de/politik/ausland/jerusalem-unesco-nimmt-umstrittene-resolution-an-a-1117163.html https://www.tagesschau.de/ausland/israel-unesco-103.html http://www.unesco.de/ueber-die-unesco/ueber-die-unesco/unesco-finanzierung.html https://www.welt.de/debatte/kommentare/article158920618/Die-Unesco-untergraebt-Frieden-fuer-den-Tempelberg.html http://www.zeit.de/2016/44/tempelberg-jerusalem-unesco-resolution-islamische-staette
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