Alija oder Diaspora? Argumente im Für und Wider einer spannenden Diskussion

Schon lange, bevor der große Israelkongress „Schalom Israel“ auf dem Schönblick begann, hatte ich mich auf diese besondere Veranstaltung gefreut: Es sollte eine Podiumsdiskussion zu dem Thema „Alija oder Diaspora?“ geben. Jeder, der sich mit dem jüdischen Volk, seiner Geschichte und dem modernen Staat Israel beschäftigt, kommt an diesen beiden Begriffen nicht vorbei.

Auf dem Titusbogen in Rom ist das berühmte Fresko zu sehen, das die Verschleppung jüdischer Menschen aus Israel nach der Zerstörung Jerusalem 70 n.Chr. zeigt. (Bild: Dnalor_01, Wikimedia Commons, Lizenz CC-BY-SA 3.0)

Die Diaspora bezeichnete schon vor dem zweiten Exil, das durch das Imperium Romanum mit der Niederschlagung des Bar Kochba Aufstandes (135 n.Chr.) endgültig besiegelt wurde,1Vgl. Seewald, ganz Judäa. die Situation von jüdischen Menschen, die durch verschiedene Umstände außerhalb des alttestamentlich zugesprochenen jüdischen Kernlandes (Judäa, Samaria usw.)lebten. Bis heute wird das babylonische Exil als das Ereignis gehandelt, das die Diaspora des jüdischen Volkes initiiert hat.2Für eine detaillierte und sehr anschauliche Erklärung zum Begriff der Diaspora siehe den Artikel „Diaspora“ des bpb: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/264009/was-ist-eine-diaspora/ (Stand 17.2.2022) Doch mit dem Beginn des zweiten Exils ca. 700 Jahre später gewann der Begriff eine weitere Nuance: Denn blieben während des ersten Exils viele Juden in Israel bzw. kehrten später aus Babylon zurück,3Für einen Einblick siehe Wagner, Exil. wurde das Volk Anfang des 2. Jhts. nun fast vollständig in die Welt zerstreut – zahlreiche fielen den Kriegen um 70 n.Chr. unter Vespasian und 135 n.Chr. unter Hadrian zum Opfer, viele wurden als Sklaven weggeführt, einigen gelang die Flucht. So zogen die Juden über viele Wege nach Ost- und Westeuropa und viel später mit den großen Auswanderungsbewegungen nach Amerika.4Vgl. Sander/Hattwich, Diaspora. Durch den weltweit verbreiteten Antisemitismus und Antijudaismus, die in jeder Epoche dort aufbrachen, wo sich Juden aufhielten, bekam der Begriff der Diaspora eine unvergleichlich tragische Nuance. Heute wird Diaspora weitgehend synonym für das zweite Exil verwandt, das erst mit Beginn der zionistischen Bewegung und den ersten Alijawellen Ende des 19. Jhdt. eine Wende erfuhr.5Für einen fundierten Einblick in die verschiedenen Schritte siehe die gesammelten Artikel in „Von der Idee zum Staat“ des bpb: https://www.bpb.de/themen/naher-mittlerer-osten/israel/44940/von-der-idee-zum-staat/ (Stand 17.2.2022)

Das Bild zeigt den Sitz der Jewish Agency in Jerusalem. (Bild: Neta, Neta, via Wikimedia Commons)

In diesem Zusammenhang erhält nun der zweite Begriff seine Bedeutung. Die Alija (Hebr. für Aufstieg) steht für die Einwanderung (oder auch Rückkehr) jüdischer Menschen aus der ganzen Welt nach Israel. In der Geschichte gab es zahlreiche Auswanderungswellen.6Für eine detaillierte Darstellung der Wellen siehe den Artikel „Was ist Alijah?“ der ICEJ: https://de.icej.org/was-ist-alijah (Stand 17.2.2022) Heutzutage wird die Einwanderung nach Israel durch die Jewish Agency geregelt: Mit Standorten in zahlreichen Ländern, in denen Juden leben, bietet sie Programme an, durch die Juden auf ihr Leben im jüdischen Staat vorbereitet werden. Sie unterstützt auf vielfältige Weise den Beginn des neuen Lebens in Israel. Kommen die Einwanderer dann in der neuen Heimat an, erhalten sie einen israelischen Pass und sind vollwertige Bürger des jüdischen Staates.7Vgl. israelische Botschaft, Aliya.

Die Podiumsdiskussion, die am Vormittag des 24. September 2021 stattfand, wurde unter die geradezu provokante Frage „Alija oder Diaspora?“ gestellt. Dahinter verbarg sich die Frage, ob Juden einen biblischen Auftrag für die Einwanderung nach Israel hätten. Es stellte sich schnell heraus, dass es den Podiumsteilnehmern eigentlich um die Frage ging, ob Christen „pro Alija“, also für eine Einwanderung jüdischer Menschen aus aller Welt nach Israel sein und diese Bewegung sogar tatkräftig unterstützen sollten, oder ob sie „pro Diaspora“ sein sollten, also für das Miteinander mit Juden in der eigenen Gesellschaft, diese fördern und die Notwendigkeit einer Alija von sich weisen sollten. Es kann niemanden wundern, dass bei vier geladenen Diskussionspartnern, die allesamt Kenner im Israelbereich sind, vier verschiedene Ansätze und Meinungen vertreten waren. Doch zeichnete sich während der Diskussion ab, dass das Publikum einer Seite besonders zugetan war, während ich für meinen Teil von allen Seiten Vieles lernen konnte.

 

Eröffnet wurde die Diskussion von kurzen Statements zweier bekannter Redner, die seit vielen Jahren im Israelbereich tätig sind: Armin Bachor und Gottfried Bühler. Armin Bachor ist seit 2010 theologischer Leiter und Geschäftsführer des EDI (Evangeliumsdienst für Israel), der seit 1971 messianische Juden in Deutschland und Israel unterstützend begleitet. Der Dienst engagiert sich daneben im sozialen Bereich in Israel und sieht es als seine Aufgabe an, Christen in Deutschland neu mit ihren Wurzeln im jüdischen Volk in Verbindung zu bringen.8Vgl. EDI, unser Auftrag.

Die Rede von Armin Bachor wurde auf dem YouTube-Kanal des EDI veröffentlicht. Sie können sie hier nachhören: https://www.youtube.com/watch?v=W9lvfdQzS2M

Gleich zu Beginn seines Statements stellte Bachor klar, dass er sich selbst als Zionist bezeichnet. Dies sei er aus ganz persönlichen Gründen. Gleichzeitig nehme er eine große Dynamik im Leben im jüdischen Staat wahr: So sei eine Transmigration zwischen Israel und der Diaspora zu beobachten – es wanderten eben nicht nur Menschen ein, sondern auch aus. Dieses Geschehen darf nach Bachor nicht außer Acht gelassen werden. Hinzukomme, dass er keinen Aufruf in der Bibel zur Alija sehe. Nirgendwo sei zu sehen, dass die Anwesenheit in Israel der Diaspora vorzuziehen sei. So hätten etwa Jesus und die Apostel gar nicht über dieses Thema gesprochen, woraus er schließt, dass „Alija“ heilsgeschichtlich nicht relevant ist oder zumindest nicht im Vordergrund steht. Er sieht den Auftrag der nichtjüdischen Christen vielmehr darin, den Juden, die Geliebte Gottes seien (nach Röm 11,28), in Demut zu begegnen, sie mit Hilfsbereitschaft zu unterstützen, wo es geht, und mit messianischen Juden den nichtgläubigen Juden Jesus in jeder Art zu bezeugen – in Israel, aber auch der Diaspora.

Ich persönlich begrüßte die ruhige und ausgeglichene Art von Armin Bachor, mit der er seine Argumente gegen eine einseitige Fixierung auf die Alija durch Christen vortrug. Es ist tatsächlich zu beobachten, dass in manchen israelbegeisterten Kreisen Christen auf dieser Seite vom Pferd fallen, indem sie ihren Glauben und ihre Theologie nur auf das Land Israel konzentrieren und jede kleine politische und gesellschaftliche Entwicklung in prophetische Kategorien einordnen wollen. Doch fragte ich mich, ob es wirklich als Argument gegen eine Alija-Arbeit gelten kann, dass Jesus nicht von „Alija“ gesprochen hat. Im gesamten Alten Testament ist die Diaspora entweder warnende Prophetie (etwa Dtn 28,36, Jer 9,15 und viele andere) oder eine Tatsache seit dem babylonischen Exil (siehe etwa die ersten Kapitel des Buches Daniel sowie Hesekiel), die aber im Heilsgeschehen eines Tages rückgängig gemacht wird, indem Gott sein Volk zurückbringt (etwa Jes 49. 52. 61-2 und viele andere). Das verheißene Land mitsamt Jerusalem als Hauptstadt ist und bleibt nach biblischem Verständnis das Erbstück des jüdischen Volkes. Für Jesus stand das zweite Exil kurz bevor, er verwies auf eine größere Zerstreuung als Folge – doch sprach er auch davon, dass er zurückkehren würde, wenn die Juden in Jerusalem riefen: „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Mt 23,39)

 

An meine offene Frage knüpfte Gottfried Bühler an. Bühler ist der Vorsitzende der Internationalen Christlichen Botschaft in Jerusalem (ICEJ). Die ICEJ wurde 1980 in Jerusalem gegründet. Sie hat mittlerweile Standorte in über 90 Ländern und ist ein internationaler Zusammenschluss von Christen, die eine biblisch begründete Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk und Staat vertreten. Die Botschaft leistet Aufklärungsarbeit über diese Verantwortung in christlichen Gemeinden, unterhält zahlreiche gemeinnützige Projekte in Israel, kümmert sich um Holocaustüberlebende und leistet Hilfestellung bei der Alija.9Vgl. ICEJ, über uns.

Das Bild zeigt eine Straße in Rischon LeZion aus dem Jahr 1937.

Bühler eröffnete seine Darlegungen mit zwei heilsgeschichtlich sehr bedeutsamen Versen aus dem Deuteronomium: Wenn deine Verstoßenen am Ende des Himmels wären, selbst von dort wird der HERR, dein Gott, dich sammeln, und von dort wird er dich holen. Und der HERR, dein Gott, wird dich in das Land bringen, das deine Väter in Besitz genommen haben, und du wirst es in Besitz nehmen. Und er wird dir Gutes tun und dich zahlreicher werden lassen als deine Väter.(Dtn 30,4-5, ELB) Ebendiese große Verheißung, die Gott also schon zu Beginn des Sinaibundes durch Mose ausgesprochen hat, werde auch stets von den Propheten aufgegriffen, allen voran Jesaja. Die Sehnsucht unter Juden, dass dies Wirklichkeit werden, habe die Zeit der Diaspora überdauert, habe aber zu einem neuen Aufbruch gefunden, als Sir Charles Warren10Sir Charles Warren (1840-1927) war britischer Offizier und Polizist, arbeitete aber auch einige Jahre als Archäologe. Er leistete einen bedeutsamen Beitrag zur Entdeckung der alten Davidstadt, indem er Ausgrabungen der äußeren Mauer des Tempelbezirks leitete sowie unterirdische Tunnelsysteme freilegte. Warren war ein Fürsprecher für die Einwanderung von Juden in das damals als Palästina bezeichnete Gebiet. (Vgl. Jewish Virtual library, Warren) 1867 die Davidsstadt11Zu den Ausgrabungen siehe die Beschreibung des archäologischen Parks der Davidsstadt: https://www.cityofdavid.org.il/en/archeology/archeologists/charles-warren (Stand 17.2.2022) entdeckte. Dazu hätten auch die Umstände der damaligen Zeit beigetragen: Weltweit seien antisemitische und antijüdische Verfolgungen ausgebrochen. 1882 machte sich die erste Alijawelle von 17 Familien auf nach Palästina. Dort angekommen bauten sie die Stadt Rischon leZion12Für Informationen zur Stadt siehe https://www.stadt-muenster.de/international/staedtepartnerschaften/rishon-lezion/zahlen-daten-fakten (Stand 17.2.2022), bauten Wein an und errichteten die erste Synagoge. Unter diesen Einwanderern war auch David ben Gurion. Als einen weiteren Beweis für die unter Juden weltweit verbreitete Sehnsucht nach Israel nannte Bühler den Namen Yerus: Der Name sie abgeleitet von der Hauptstadt Jerusalem und unter Juden in Äthiopien sehr verbreitet. Dass sogar äthiopische Juden ihre Kinder nach der goldenen Stadt des Tempels benannten, zeige, wie bedeutend Israel für Juden in der Diaspora sei. Für Gottfried Bühler ist die Alijabewegung ein Wunder der Neuzeit. Abschließend zitierte er Jes 49,22: So spricht der Herr, HERR: Siehe, ich werde meine Hand zu den Nationen hin erheben und zu den Völkern hin mein Feldzeichen aufrichten. Und sie werden deine Söhne auf den Armen bringen, und deine Töchter werden auf der Schulter getragen werden. Dies sei eine eindeutige Aufforderung an Christen, Juden bei der Alija zu unterstützen, also tatkräftig die Verheißung Gottes mit zu verwirklichen. Bei seinem leidenschaftlichen Plädoyer für die Alijaarbeit brach ein großer Teil des Publikums in Applaus aus, wodurch viele ihre Zustimmung ausdrückten.

Auf dem Bild sehen Sie den Hauptsitz der ICEJ in Jerusalem.

Mit seinem Beitrag sprach Bühler zwei wichtige Punkte in dieser Diskussion an, um die Bachor sicherlich weiß, die er aber nicht aufführte: die historisch belegbare, die Geschichte der Diaspora überdauernde Sehnsucht der meisten Juden nach Israel sowie die historischen Umstände für die Entstehung der Alija-Bewegung. Man kann ein Geschehen kaum beurteilen, wenn man seine Historie nicht beachtet. Hinzu kommen die Bibelstellen, die in meinen Augen bei Bachor unbeachtet geblieben sind, die aber essenziell für ein christliches Selbstverständnis sind, auch wenn sie in viel zu vielen Gemeinden nicht gelehrt werden. Jes 49,22 ist nur eine der vielen Stellen, die sich auf die Beziehung von Christen zum jüdischen Volk beziehen. In diesem Sinne unterstützt Gottfried Bühler die biblische Auffassung, dass Gott die verheißene Sammlung des Volkes zumindest teilweise durch Menschen vollzieht – und durch wen könnte das glaubwürdiger unterstützt werden als durch die Nichtjuden, die dem jüdischen Messias nachfolgen, der seinem Bundesvolk treu bleibt? Dennoch bleibt wohl die Frage offen, ob diese eschatologische Sammlung Israels, die von Gott ausgeht und eines Tages vollendet wird, ausgehend von Bibelstellen wie Jes 49,22 u.a. von Menschen forciert werden darf.

 

Anschließend an diese beiden einleitenden Statements von Bachor und Bühler wurden zur Podiumsdiskussion von dem Moderator Daniel Funk noch zwei weitere Teilnehmer auf die Bühne geladen: Jurek Schulz, Theologe und Referent der amzi (Arbeitsgemeinschaft für messianisches Zeugnis an Israel), und Mirjam Holmer, Journalistin bei Israelnetz. Es entwickelte sich eine äußerst spannende Diskussion, die das Publikum in Atem hielt. Zwischendurch fieberte man mit in der Hoffnung, dass die eigenen Argumente und Gedanken von einem der Disputanten formuliert würden. Ich persönlich wurde nicht enttäuscht, denn die vier Diskussionsteilnehmer, die allesamt aus verschiedenen theologischen Hintergründen und Arbeitsbereichen kamen, ergänzten sich wunderbar.

Gottfried Bühler brachte bei seiner Argumentation für die Alija verschiedene Punkte an.

Bachor etwa ermahnte die Christen, die vielleicht zu sehr auf das Thema Alija fokussiert sind: Er gab zu bedenken, dass manche annehmen würden, man könne die Wiederkunft Christi beschleunigen, wenn man möglichst hartnäckig die Einwanderung von Juden nach Israel vorantreiben würde. Außerdem dürfe man nicht vergessen, was mit Christen passieren würde, wenn es keine Juden mehr in ihrer Gesellschaft gäbe: Sie würden die Verbindung zu ihren Wurzeln vollständig verlieren. Obwohl ich die Argumente für eine Unterstützung der Alija-Bewegung durch Bühler überzeugend fand, ließ mich dieser Punkt zum Nachdenken kommen. Denn obwohl stets Juden in christlich geprägten Gesellschaften lebten, entfernte sich die Kirche viel zu früh von ihren jüdischen Wurzeln. Nicht nur hatte das Folgen für die Theologie der Christenheit, sondern die Distanzierung ging stets mit einem ungesunden Hochmut gegenüber dem Bundesvolk Israel einher sowie mit christlichem Antijudaismus in seiner schlimmsten Ausprägung. Seit dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung des Staates Israel kann man zumindest einen zaghaften Trend zu einer Annäherung der Christen an ihre Wurzeln erkennen. Doch was würde mit der Kirche passieren, wenn keine Juden mehr in ihrer Gesellschaft leben würden?

Bühler hielt jedoch mit weiteren einleuchtenden Argumenten dagegen: Die Gründe, die damals die Alija überhaupt entstehen ließen, nämlich Antisemitismus und Verfolgung, seien keineswegs gebannt. Antisemitische Straftaten nähmen in erschreckendem Maße zu, sodass die Zahl der nach Israel einwandernden Juden laut der Jewish Agency gestiegen sei – der Grund sei oft kein zionistisch motivierter, sondern Angst. Israel sei demnach eine Lebensrettung für viele und so müsse man allein aus menschlicher Sicht helfen. Christen, die Juden in diesem Sinne auf dem Weg zur angstfreien Freiheit zu unterstützten, seien der Grund, warum es heute einen jüdischen Staat gebe: Herzl hätte seine Arbeit nicht ohne Unterstützung christlicher und messianischer Freunde leisten können.

Holmer und Schulz nahmen indes eine eher vermittelnde Position ein. Laut Holmer etwa solle man als Christ Juden nicht zur Alija überreden – jeder dürfe sich aussuchen, wo er leben wolle. Vielmehr sei es die Aufgabe der Christen, Juden genau dort zu unterstützen, wo sie leben, ob in der Diaspora oder in Israel. Dem stimmte Schulz zu, doch forderte er gerade in Deutschland ein entschiedenes Auftreten der Christen gegen jede Form von Antisemitismus und Israelfeindschaft. In der Vergangenheit sei die Christenheit zu häufig die schweigende Masse gewesen und habe antijüdischen Gewalttaten tatenlos zugesehen.

Alisa oder Diaspora – für jeden jüdischen Menschen hängt an dieser Entscheidung eine lange Geschichte.

Nach einem bewegten Vormittag verließ die Menge den Saal. Doch beschäftigten mich die verschiedenen Argumente noch einige Zeit weiter. Beide Seiten hatten ihre starken Argumente und auch wenn es so schien, als würde das Publikum in weiten Teilen Gottfried Bühler zustimmen, ist mir klar geworden, dass eine Fixierung auf ein Pro oder Contra nicht zielführend sein kann. Schließlich geht es dabei um menschliche Existenzen, über die nicht einfach von außen entschieden werden darf. Und an jeder Entscheidung eines Juden für oder gegen die Alija hängt eine lange Geschichte – eine jahrhundertealte Geschichte von brutalem Exil und ungewollter Diaspora, von dem Kampf zwischen Antisemitismus und Assimilation, von persönlichen Erfahrungen und der Suche nach Heimat. Kann, nein, darf ein Christ also überhaupt ein klares Ja oder Nein haben? Oder gilt es nicht tatsächlich vielmehr, der Verantwortung, die wir biblisch und historisch gegenüber dem jüdischen Volk haben, genau dort nachzukommen, wo Juden sind? Ich für meinen Teil möchte Juden in Deutschland unterstützen, so wie ich es vermag, aber auch diejenigen, die Alijah durchführen wollen, sowie den jüdischen Staat Israel selbst. Schließlich bleibt aber: Jede und jeder ist herausgefordert, sich dazu eine eigene, begründete Meinung zu bilden.

 

  • 1
    Vgl. Seewald, ganz Judäa.
  • 2
    Für eine detaillierte und sehr anschauliche Erklärung zum Begriff der Diaspora siehe den Artikel „Diaspora“ des bpb: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/264009/was-ist-eine-diaspora/ (Stand 17.2.2022)
  • 3
    Für einen Einblick siehe Wagner, Exil.
  • 4
    Vgl. Sander/Hattwich, Diaspora.
  • 5
    Für einen fundierten Einblick in die verschiedenen Schritte siehe die gesammelten Artikel in „Von der Idee zum Staat“ des bpb: https://www.bpb.de/themen/naher-mittlerer-osten/israel/44940/von-der-idee-zum-staat/ (Stand 17.2.2022)
  • 6
    Für eine detaillierte Darstellung der Wellen siehe den Artikel „Was ist Alijah?“ der ICEJ: https://de.icej.org/was-ist-alijah (Stand 17.2.2022)
  • 7
    Vgl. israelische Botschaft, Aliya.
  • 8
    Vgl. EDI, unser Auftrag.
  • 9
    Vgl. ICEJ, über uns.
  • 10
    Sir Charles Warren (1840-1927) war britischer Offizier und Polizist, arbeitete aber auch einige Jahre als Archäologe. Er leistete einen bedeutsamen Beitrag zur Entdeckung der alten Davidstadt, indem er Ausgrabungen der äußeren Mauer des Tempelbezirks leitete sowie unterirdische Tunnelsysteme freilegte. Warren war ein Fürsprecher für die Einwanderung von Juden in das damals als Palästina bezeichnete Gebiet. (Vgl. Jewish Virtual library, Warren)
  • 11
    Zu den Ausgrabungen siehe die Beschreibung des archäologischen Parks der Davidsstadt: https://www.cityofdavid.org.il/en/archeology/archeologists/charles-warren (Stand 17.2.2022)
  • 12
    Für Informationen zur Stadt siehe https://www.stadt-muenster.de/international/staedtepartnerschaften/rishon-lezion/zahlen-daten-fakten (Stand 17.2.2022)

 

Verweise und Lektüre:

City of David, Charles Warren, https://www.cityofdavid.org.il/en/archeology/archeologists/charles-warren (Stand 17.2.2022)

EDI, Unser Auftrag, https://www.edi-online.de/start/über-uns/ (Stand 17.2.2022)

ICEJ, Wir über uns, https://de.icej.org/wir-ueber-uns (Stand 17.2.2022)

Israelische Botschaft in Bern, Aliya, https://embassies.gov.il/bern/AboutIsrael/Pages/Aliya.aspx (Stand 17.2.2022)

Flower, Howard, Was ist Alijah? Die Bedeutung und Geschichte der Heimkehr der Juden nach Zion, https://de.icej.org/was-ist-alijah (Stand 17.2.2022)

Jewish Virtual Library, Sir Charles Warren, https://www.jewishvirtuallibrary.org/warren-sir-charles-x00b0 (Stand 17.2.2022)

Sander, Allon /Hattwich, Sybille, Diaspora, https://www.planet-wissen.de/kultur/voelker/geschichte_des_juedischen_volkes/pwiediaspora100.html (Stand 17.2.2022)

Schlorke, Martin, Diskussion um „biblisches Mandat für Alija“, https://www.israelnetz.com/diskussion-um-biblisches-mandat-fuer-alija/ (Stand 17.2.2022)

Seewald, Berthold, „So wurde beinahe ganz Judäa zur Einöde gemacht“, https://www.welt.de/geschichte/article207977879/Bar-Kochba-Aufstand-So-wurde-ganz-Judaea-zur-Einoede-gemacht.html (Stand 17.2.2022)

Stadt Münster, Partnerstadt Rishon LeZion, https://www.stadt-muenster.de/international/staedtepartnerschaften/rishon-lezion/zahlen-daten-fakten (Stand 17.2.2022)

Wagner, Thomas, Exil/Exilszeit, https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/exil-exilszeit/ch/d5b81d82d63eee81b5a915e2f4b21bd9/#h12 (Stand 17.2.2022)

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  • 1
    Vgl. Seewald, ganz Judäa.
  • 2
    Für eine detaillierte und sehr anschauliche Erklärung zum Begriff der Diaspora siehe den Artikel „Diaspora“ des bpb: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/264009/was-ist-eine-diaspora/ (Stand 17.2.2022)
  • 3
    Für einen Einblick siehe Wagner, Exil.
  • 4
    Vgl. Sander/Hattwich, Diaspora.
  • 5
    Für einen fundierten Einblick in die verschiedenen Schritte siehe die gesammelten Artikel in „Von der Idee zum Staat“ des bpb: https://www.bpb.de/themen/naher-mittlerer-osten/israel/44940/von-der-idee-zum-staat/ (Stand 17.2.2022)
  • 6
    Für eine detaillierte Darstellung der Wellen siehe den Artikel „Was ist Alijah?“ der ICEJ: https://de.icej.org/was-ist-alijah (Stand 17.2.2022)
  • 7
    Vgl. israelische Botschaft, Aliya.
  • 8
    Vgl. EDI, unser Auftrag.
  • 9
    Vgl. ICEJ, über uns.
  • 10
    Sir Charles Warren (1840-1927) war britischer Offizier und Polizist, arbeitete aber auch einige Jahre als Archäologe. Er leistete einen bedeutsamen Beitrag zur Entdeckung der alten Davidstadt, indem er Ausgrabungen der äußeren Mauer des Tempelbezirks leitete sowie unterirdische Tunnelsysteme freilegte. Warren war ein Fürsprecher für die Einwanderung von Juden in das damals als Palästina bezeichnete Gebiet. (Vgl. Jewish Virtual library, Warren)
  • 11
    Zu den Ausgrabungen siehe die Beschreibung des archäologischen Parks der Davidsstadt: https://www.cityofdavid.org.il/en/archeology/archeologists/charles-warren (Stand 17.2.2022)
  • 12
    Für Informationen zur Stadt siehe https://www.stadt-muenster.de/international/staedtepartnerschaften/rishon-lezion/zahlen-daten-fakten (Stand 17.2.2022)