Der „Schtreimel“ – Was hat es mit dieser jüdisch-orthodoxen Kopfbedeckung auf sich?

Ein Beitrag von Linus Koch

Dass jeder männliche Jude mindestens zu gegebenen Anlässen eine Kopfbedeckung trägt, ist allgemein bekannt – dafür dient ihm meistens die Kippa. (Wer mehr über die Kippa wissen möchte, der kann das hier nachlesen). Orthodoxe Frauen tragen demgegenüber Kopftücher.

a man with dreadlocks standing in front of an audience

Der Schtreimel ist eine traditionelle Kopfbedeckung ultraorthodoxer Männer und wird auch heute noch getragen.

Bei ultra-orthodoxen Juden lässt sich noch eine weitere auffällige Kopfbedeckung bemerken: eine für unkundige Betrachter seltsam anmutende, zylinderförmige, aus Pelz bestehende Kopfbedeckung, die zwar nicht jeder, aber doch einige Juden tragen. Was hat es mit dieser Kopfbedeckung auf sich? Wo kommt sie her und was bedeutet sie theologisch? Diesen Fragen wollen wir in diesem Artikel nachgehen.

Zunächst ist es wichtig anzumerken, dass es unterschiedliche Arten dieser Pelzmütze gibt: den Schtreimel, den Spodik und den Kolpik. Diese drei Hüte, die für den Laien kaum auseinanderzuhalten sind, unterscheiden sich in Farbe, Breite und Höhe und weisen auf die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gruppierungen hin. So wird der Schtreimel von ungarischen und galizischen (aus dem ehemaligen österreich-ungarischen Reich stammend) sowie auch teilweise von polnische-stämmigen Juden getragen, während Spodiks nur von polnischen Juden getragen werden.  Der Schtreimel ist jedoch der am häufigsten auftretende Hut und ist an seiner braunen Farbe und seiner Breite zu erkennen.

man and woman walking on hallway

Im Judentum gibt es – je nach Strömung – ganz verschiedene Kopfbedeckungen.

Der Schtreimel wird immer aus Pelzen hergestellt, welche zum Beispiel von Füchsen oder Mardern sein können. Die Zahl der Pelze, die für einen Schtreimel verwendet wird, kann unterschiedlich sein, hat jedoch jeweils eine theologische Bedeutung. Gebräuchlich sind zum Beispiel 13 Pelze, die für dreizehn Attribute der Barmherzigkeit Gottes aus dem Buch Exodus stehen. Oder auch 18 Pelze als Zahlenwert des hebräischen Wortes für Leben (חי), oder sogar 26 Pelze für den Zahlenwert des Gottesnamens. Dieser Zahlenwert ermittelt sich daraus, dass jeder Buchstabe im hebräischen einen bestimmten Zahlenwert hat. Rechnet man also die Buchstabenwerte zusammen, kommt man auf den Zahlenwert eines Wortes.

Wie es zu der Tradition des Schtreimels genau kam, ist historisch nicht mehr eindeutig rekonstruierbar. Es kursieren zwei Theorien, die beide dem osteuropäischen Raum entspringen, der vermutliche Herkunftsort auf Polen zu deuten ist. In Polen war es für eine lange Zeit sehr modisch, derartige Pelzmützen zu tragen, bis sich die Mode – teilweise angestoßen durch die Eroberungsfeldzüge Napoleons Anfang des 19. Jahrhunderts und die damit verbundene Öffnung gen Westen – an westliche Modestile anzupassen begann. Die erste Theorie besagt, dass Juden dieser Gegend die alte Mode einfach aus Tradition beibehielten, und sie deshalb bis heute diese Kopfbedeckung verwenden.

Die Schtreimel finden nur im ultraorthodoxen Judentum Anwendung.

Die zweite Theorie besagt, dass die polnische Regierung im 18. Jahrhundert entschied, dass alle Juden sich durch einen Tierschwanz auf dem Kopf zu kennzeichnen hätten, was diese öffentlich demütigen sollte. Die Juden stellten daraufhin jedoch aus den Tierfellen Pelzmützen her, welche dann eher eine Ausstrahlung wie „Kronen“ hatten und demnach das Gegenteil von dem gewünschten Ergebnis der Rechtsvorschriften bewirkte.
Aus theologischer Perspektive gibt es keinerlei Vorschriften in der Tora oder dem Talmud, die das Tragen eines Schtreimel nahelegen, allerdings gibt es die Vorschrift, zu Ehren des Shabbats eine spezielle Kleidung zur Ehre Gottes zu tragen, wofür dann bei einigen Juden der Schtreimel zum Einsatz kommt (quasi als  Sabbat- oder Festtagskopfbedeckung unter aschkenasisch abstammenden Juden). Er wird auch bei Hochzeiten getragen. Im Alltag wird er von Rabbis gelegentlich auch dann getragen, um die Würde ihres Amtes äußerlich kenntlich zu machen.

Quellen:

https://de.abcdef.wiki/wiki/Shtreimel (Stand: 23.02.2024)

https://www.myjewishlearning.com/article/the-meaning-behind-of-different-jewish-hats/ (Stand: 23.02.2024)

https://www.chabad.org/library/article_cdo/aid/3755339/jewish/Why-Do-Many-Chassidim-Wear-Shtreimels-Fur-Hats.htm (Stand: 23.02.2024)

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