Der Boxer von Auschwitz – eine wahre Geschichte

Er überlebte das Konzentrationslager, indem er seine Mitgefangenen in Boxkämpfen besiegte, die von den KZ-Wächtern in Auschwitz zur eigenen Belustigung veranstaltet wurden. Siege nach Punkten gab es dort nicht: Sobald der Verlierer nicht mehr aufstehen konnte, wartete nichts anderes auf ihn als sein unmittelbarer Tod in der Gaskammer.
Hertzko Haft, geboren 1925 in Belchatow (Polen), war Jude und – unfreiwilliger – Profiboxer und er überlebte sowohl den Zweiten Weltkrieg als auch den Neubeginn nach dem Krieg nur dadurch, dass er sich im wahrsten Sinne des Wortes „durchboxte“.

In einem eindrücklichen Comicstrip erzählt Reinhard Kleist von seinem Leben. Es ist die unglaubliche – und dennoch wahre – Geschichte eines gebrochenen Mannes, ein Leben lang zerrissen zwischen starkem Überlebenswillen und tiefen Schuldgefühlen.

Hertzko Haft ist „kein einfacher Charakter“, so der Zeichner im Interview. „Er ist nicht das sympathische Opfer, sondern er teilt nach allen Richtungen aus. Irgendwann habe ich begriffen, dass es genau das ist, was mich an dem Stoff interessiert.“ Denn die Geschichte von Hertzko Haft, von den KZ-Aufsehern „das jüdische Biest“ genannt, liest man nicht mal eben so. Im Gegenteil, so warnt Andreas Platthaus von der FAZ, „es wird Szenen in ,Der Boxer‘ geben, die an die Grenzen des Darstellbaren und Erträglichen führen. Anders in Bildern vom Leben des Hertzko Haft zu erzählen, wäre indes unlauter.“

Denn in einem Umfeld voller Unmenschlichkeit, Tod und Gewalt, blieb dem jungen Mann keine Wahl, als in seinen Kämpfen alles zu geben – wohlwissend, dass er seine bereits geschwächten und unterlegenen Gegner in den sicheren Tod schickte. Zwar gewann er jeden einzelnen der 76 Kämpfe, die er kämpfen musste, doch konnte er sich angesichts des grausamen Schicksals seiner Gegner nie als Sieger fühlen.

Als der jüdische Boxer 1945 endlich aus der nicht enden wollenden Todesschleife fliehen konnte, versuchte er sein Glück als Boxer in den USA. Doch von 22 ausgetragenen Kämpfen konnte er dort nur 14 für sich entscheiden und gab schließlich auf.

Nie fand Haft das, was man sich unter einem normalen Leben vorstellen kann. Als Familienvater und Besitzer eines Obstladens verfolgten ihn die traumatischen Erlebnisse aus dem Konzentrationslager bis an sein Lebensende – sehr zum Leidwesen seiner Kinder.
Sein Sohn Alan Scott Haft, dem sein Vater ganz zum Schluss seine Lebensgeschichte anvertraute, verarbeitete diese in der Biographie seines Vaters „Eines Tages werde ich alles erzählen: Die Überlebensgeschichte des jüdischen Boxers Hertzko Haft“. Dank ihm wurde die Geschichte des jüdischen Boxers Hertzko Haft bekannt.

Nun wagte sich Kleist mithilfe des überraschenden Comic-Genres mutig an dieses herausfordernde Thema heran und zeichnet mit großem Einfühlungsvermögen eine grafische Biographie, die Geschichtsschreibung, Lebens- aber auch Liebesgeschichte zugleich ist.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte von März bis August letzten Jahres Kleists Fortsetzungscomic, der anschließend im Mai 2012 in überarbeiteter Fassung unter dem Titel „Der Boxer – Die wahre Geschichte des Hertzko Haft“ beim Carlsen Verlag erschien.

Die Lektüre lohnt sich. Der Comic ist zwar „definitiv keine leichte Bettlektüre“ wie Franziska Bechtholt vom Titel-Magazin treffend zusammenfasst, aber es ist die „spannend und mitreißend erzählte Geschichte eines vom Leben bestraften Mannes. Wer hier die eine oder andere Träne verdrückt, braucht sich sicher nicht zu schämen. Großartige Geschichte, starke Bilder, emotionale Szenen – Der Boxer ist es wert, gelesen zu werden.“

 

Hier geht es zu Teil 1 und 2 des Comicstrips:

Teil 1: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/cartoons/reinhard-kleist-der-boxer-11290923.html
Teil 2: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/cartoons/fortsetzungscomic-der-boxer-teil-2-11290926.html

(jp)

 

Quellen:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/fortsetzungscomic/fortsetzungscomic-der-boxer-von-reinhard-kleist-1596587.html
http://titel-magazin.de/artikel/35/11094/interview-mit-reinhard-kleist.html
http://einestages.spiegel.de/external/ShowTopicAlbumBackground/a4330/l3/l0/F.html#featuredEntry
http://www.reinhard-kleist.de/?lang=de&section=2&subsection=25

Zurück