Safed – höchst gelegene Stadt Israels in tiefstem Blau

Auf dem Weg zur höchsten Stadt Israels

Der See Genezareth ist unser Startpunkt. Mit dem geliehenen Auto eines Bekannten fahren wir heute zu der höchst gelegenen Stadt in Israel. Wir, das sind zwei Freunde von uns, mein Mann und ich. Die Straße führt bergauf, und die Aussicht auf den See und die umliegenden Orte ist schon nach kurzer Zeit gigantisch. Doch es geht noch weiter aufwärts. Nach circa 35 Minuten biegen wir ab und der Weg führt in Serpentinen weiter – Schließlich sind wir da, in Safed.

Safed, hebräisch צְפַת Zfat, ist eine der vier heiligen Städte im Judentum, neben Jerusalem, Tiberias und Hebron. Heute wohnen dort fast 36.000 Menschen, die meisten davon sind Juden, aber auch ein kleiner Teil Araber lebt dort. Die Stadt liegt in einer Höhe von 850 Metern, und die grandiose Aussicht umfasst die umliegenden Wälder und Hügel bis hinab zum See Genezareth.

 

Geschichte Safeds

Schon im Talmud wird Safed als eine der Städte erwähnt, die ein Signalfeuer anzündeten, um den Beginn eines neuen jüdischen Monats anzuzeigen. Josephus spricht von einer befestigten Stadt namens „Sepph“ während der römischen Herrschaft. Diese Bezeichnung bezieht sich höchstwahrscheinlich auch auf Safed. Im 12. Jahrhundert kamen die Kreuzfahrer und errichteten am höchsten Punkt eine Festung. Danach eroberten die Mameluken die Stadt. Ende des 15. Jahrhunderts flohen viele Juden aus Spanien und siedelten sich in Safet an. Unter ihnen waren einige der führenden jüdische Gelehrten, und die mystische Richtung des Judentums, die Kabbala (übers. das Überlieferte), wurde in der Stadt etabliert. Noch heute ist Safed bekannt als Hochburg dieser esoterischen Richtung des Judentums. Darüber hinaus zieht Safed immer mehr Touristen an, wegen seines künstlerischen Charmes.

Die Kabbala (übers. Das Überlieferte) ist eine mystische und esoterische Lehre im Judentum. Diese Richtung beschäftigt sich mit Gott, dem Universum und verborgenen Weisheiten. Die Zohar (Buch des Glanzes) ist die Hauptschrift kabbalistischer Lehren, als Autor gilt der spanische Kabbalist Mosche de Leon. Darin finden sich gewisse Tora-Auslegungen, mystische Erzählungen und Ausführungen über Buchstaben und Zahlen als Fundamente der Welt. Darüber hinaus gibt es aber auch andere Schriften und Schulen der Kabbala, auch in nicht-jüdischen Kreisen wurden die Lehren der Kabbala aufgenommen.

 

Blaue Altstadt und Künstlerviertel

Von unserem Parkplatz aus schlendern wir bergauf, an Geschäften vorbei in Richtung Altstadt. Der helle Stein der vielen Treppen und Mauern wird zunehmend von blauen Farben durchzogen. Mal ist es ein blaues Geländer, mal eine blaue Türe oder eine blaue Verglasung. Blautöne unterschiedlichster Art sind an jeder Ecke und Hauswand anzutreffen. Die Straßen vermitteln beinahe maritimen Flair. Allerdings steht die Farbe Blau in Safed für den Himmel, oder wie andere behaupten, soll sie „böse Geister“ verwirren. Auf jeden Fall gibt sie der Stadt eine ganz besondere Atmosphäre, vermittelt eine besondere Stimmung.

In den schmalen Gassen werden die verschiedensten Kunstwerke und Handwerkserzeugnisse zum Kauf angeboten. In vielen Läden und Geschäften kann man den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter schauen. An anderer Stelle führt uns ein antiker Torbogen in das Innere eines Cafés mit malerischem Ausblick und interessanten Gemälden an der Wand. Der Kellner, den wir antrafen, war Mitte Zwanzig, sehr offen uns Touristen gegenüber eingestellt und sehr freundlich. Der Kaffee wird uns allerdings nicht besonders stilvoll dargereicht, nämlich nur in einem Pappbecher-to-Go, aber nach dieser Stärkung lassen wir uns wieder weitertreiben in den Gassen und Straßen Safeds. Wieder unterwegs sprechen uns zwei hipp gekleidete Juden an. Sie kommen aus Amerika und wollen ebenfalls in dieser besonderen Stadt wie wir Eindrücke sammeln. Ja, Safed ist anders und besonders. Hinweise auf historische Ereignisse Safeds erwartet uns auf dem nächsten Hügel.

 

Unabhängigkeitskrieg, Sieg durch Davidka

Einige Treppenstufen später stehen wir vor einem Hügel mit alten Mauern und Torbögen, die zur antiken Zitadelle gehören. Oben steht ein Obelisk, der an den Sieg der israelischen Armee im Unabhängigkeitskrieg erinnern soll. Die Briten hatten die wichtigen Standorte der Stadt den arabischen Truppen übergeben, und die übriggebliebene jüdische Bevölkerung versteckte sich in ihren Häusern. Ein Mann namens David Leibowitch hatte kurz vor dem Krieg mit vorhandenen Mitteln eine Kanone gebaut, die zwar wenig präzise, aber dafür sehr laut war. In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai 1948 stellten die jüdischen Truppen die Waffe vor der Synagoge im jüdischen Viertel auf. Der Lärm dieser Kanone mag mit dafür ausschlaggebend gewesen sein, dass die Araber fluchtartig die Stadt verließen, und Safed demzufolge schon vor dem eigentlichen Sieg im Unabhängigkeitskrieg in jüdischer Hand war. Noch heute erinnert ein Denkmal an die Kanone, die nach ihrem Hersteller David benannt wurde.

Safed – heute erstrahlt die Stadt im schönsten Blau, verzaubert durch die besondere Aussicht und die schmalen Künstlergassen. Aber hinter den blauen Fassaden verbirgt sich eine abwechslungsreiche und Jahrhunderte alte Geschichte, die nur darauf wartet vom Besucher entdeckt zu werden. Überall in der Stadt sind blaue Info-Tafeln verteilt, die von der Geschichte Safeds, den Eroberungen und von den Höhe- und Tiefpunkten in der Geschichte Safeds erzählen.

 

     

     

 

JB

 

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Bilder privat.

http://www.jewishencyclopedia.com/articles/9107-kabbalah#anchor2

http://www.safed-home.com/safedhistory.html

https://www.jewishvirtuallibrary.org/vie-safed

https://www.touristisrael.com/safed/5681/

https://www.safed.co.il/davidka-monument.html

https://www.safed.co.il/safed-as-the-evolving-city.html

Israel Central Bureau of Statistics – „Population in the Localities 2018 (XLSX)“

Aufgerufen am 8. Mai 2020.

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