Warum jeder einmal in Israel gewesen sein muss

Was ist Ihr erster Gedanke, wenn Sie an Israel denken?

Wenn Sie schon einmal dort waren, kommen Ihnen vermutlich lebhafte Bilder von der vielfältigen und unterschiedlichen Landschaft und den Erfahrungen und Eindrücken, die Sie dort gemacht haben.

Vielleicht sind es aber auch Gedanken, die sich um die derzeitige politische Lage drehen, oder die Verbindung des Landes zum biblischen Kontext ist für Sie wichtig und daher präsent.

Für mich ist es wohl eine Kombination aus all dem unterlegt mit Bildern und Eindrücken, die ich auf einer Studienreise durch Israel sammeln durfte.

Mein Fazit dieser Reise: Jeder sollte (mindestens) einmal dort gewesen sein.

Warum? Hier meine Liste der bemerkenswertesten Eigenschaften Israels.

 

Land der Bibel

Blick auf Kaphernaum vom See Genezareth

Israel ist das Land, an dem biblische Geschichten zum Leben erweckt werden. Orte zu besuchen, an denen biblische Ereignisse stattgefunden haben, erweitert den hermeneutischen Horizont um ein Vielfaches, der dazu beiträgt, die Texte angemessen auszulegen. So kann man zum Beispiel dem Alten Testament intensiver nachspüren, indem man die Umwelt Abrahams, Issaaks und Elias erkundet und mehr von ihren Umständen versteht. Besonders eindrücklich ist dabei beispielweise der Berg Karmel mit dem Muhraka-Kloster im Norden Israels, auf dem nach 1. Könige 18,1-19 Elia sich dort der Machtprobe seines Gottes gegen die Baalspriester stellte. Solche Orte zu besuchen, fordert heraus, sich der biblischen Geschichte zu stellen, einzutauchen und sie nachzuempfinden. Für Christen sind die Orte des Neuens Testaments noch greifbarer, an denen Jesus gewirkt hat. Den See Genezereth, über den er lief, kann man beispielsweise besuchen und bei einer Bootsfahrt Momente wie die Sturmstillung emotional und gedanklich nachempfinden. Kaphernaum als eine seiner wichtigsten Wirkungsstätten ist immer noch erhalten, sodass man Bauten, wie das Haus von Simon Petrus Schwiegermutter sehen kann, in dem Jesus sich sehr wahrscheinlich aufgehalten hat.

Im christlichen Glauben sind diese Orte glücklicherweise keine Kultstätten, die man zur Begegnung mit Gott braucht. Es ist zum Beispiel nicht notwendig, das Grab Jesu zu besuchen, um eine Beziehung mit Gott zu haben und die Bibel dadurch erst relevant zu machen.

Es gibt noch viele weitere Plätze, die in der Gegenwart die Vergangenheit der Bibel erfahrbar und anschaulich machen. Dabei ist es nicht vorrangig, ob die ausgeschriebenen Orte in präziser Genauigkeit die historischen Orte darstellen. Viel mehr können uns diese Orte dienen, die Lebensumwelt von den Menschen der Bibel zu verstehen, uns die Geschichten besser vorzustellen und eine erste Vorahnung zu bekommen, was die Geschichten in eben diesem Land mir heute zu sagen haben.

 

Land der Geschichte

Nicht nur die biblischen Geschichten berühren in Israel die Gegenwart. Einerseits lässt sich die Geschichte des Landes selbst „aktualisiert“ erleben, die bis in tausende Jahre Vergangenheit zurückreichen. Eine Empfehlung dafür ist das Israelmuseum in Jerusalem, welches die größte Kultureinrichtung Israels ist und in Archäologie und bildender Kunst seine Geschichte erzählt. Auch die jüdische Kultur des Landes wird hier sichtbar.

Gedenkhalle der verstorbenen Juden in Yad Vashem

Gedenkhalle der verstorbenen Juden in Yad Vashem

Wenn man sich damit noch näher auseinandersetzen möchte, ist die Internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem auch nicht aus dem Programm zu streichen. In diesem Museum trifft israelische und jüdische Geschichte auf sehr dunkle Seiten der deutschen Geschichte, weswegen ein Besuch hier, vor allem als Deutscher, nicht optional bleiben sollte. Israel als Land der Juden zeigt hier einen massiven Teil seiner Geschichte, die bis in unsere Gegenwart reicht und der bis in Zukunft gedacht werden sollte.

Israel lässt seine Besucher eine Zeitreise machen von der Zeit der Erzväter und des Moses über die Zeit Jesu und der anschließenden Zerstörung des Tempels um 70 n.Chr. bis hin zum Holocaust und in die heutige Gegenwart.

 

Land der Religionen

In Israel kommt man nicht daran vorbei: hier spielt je „ein Gott“ eine zentrale Rolle. Religionen sind überall nebeneinander sichtbar. Es wird geglaubt. Es ist das Land, an dem die Weltreligionen zusammenkommen und an dem – insbesondere in Jerusalem – Glauben und Religion offensichtlich zum Stadtbild dazugehören.

Weil Israel so eine weitläufige Geschichte hat, hat auch die Gottes-Verehrung seine Geschichte in Israel.

Den jüdischen Glauben erwartet man wohl dort zu sehen und trotzdem ist es eine ergreifende Erfahrung, den ausgelebten jüdischen Glauben zu sehen und zu erfahren. Freitagabend beispielsweise, zum Vorabend des Shabbats, verändert sich das ganze Land schlagartig und die Juden in all ihren Frömmigkeitsunterschieden, kommen zusammen und feiern ihren Ruhetag. Vor allem die Begegnungen mit den ultraorthodoxen Juden des Landes bieten einen tieferen Einblick in die Entwicklung des Judentums nach 70 n.Chr.

Der Felsendom auf dem Tempelberg gegenüber von der Al-Aksa Moschee

Vor der jüdischen Kulisse tauchen aber auch Muslime auf. Der Islam ist eben so präsent wie das Judentum, vor allem im arabischen Viertel Jerusalems mit dem Tempelberg darin, auf dem der Felsendom mit seiner goldenen Kuppel und die Al Aksa-Moschee gebaut sind. Auch die Muslime sehen einen Ort der Gottesverehrung in Jerusalem und haben somit auch – ob sie das so wollen oder nicht – eine tiefe Verbundenheit zum Land Israel. Und auch Christen sind aus der Glaubenslandschaft nicht wegzudenken, was an unzähligen Kirchen und Anbetungsstätten aus bereits frühchristlicher Zeit in Jerusalem und an vielen Orten Israels deutlich und sichtbar wird.

Im Hinblick auf die Religionen des Landes ist man in erster Linie Beobachter des Zusammenlebens und der Art des alltäglichen Auslebens der jeweiligen Religion. Die Diskrepanzen und schwelenden Auseinandersetzung zwischen den Glaubensrichtungen sind nicht zu leugnen. Sie prägen Israel durch und durch. Und trotz allem erlebt man eine Koexistenz, die an wenigen Orten der Welt auf diese Weise möglich ist. Die verschiedenen Ausprägungen der Religionen treffen aufeinander, ihre Anhänger leben neben- und miteinander in diesem Land und bilden somit das eigenartige und ganz besondere Profil Israels.

Selbst, wenn man nicht jede religiöse Praxis versteht, so erlebt man sie doch mit, und diese Erlebnisse werden eines jeden Horizont um ein Vielfaches erweitern.

 

Land der Kultur

Jedes Land hat seine eigene Kultur. In Israel allerdings finden sich unterschiedliche Kulturen.

Vergangenheit und Gegenwart treffen aufeinander. Religionen versammeln sich, ihre Anhänger leben ihren Glauben weitgehend obrigkeitlich geschützt  aus.  Und fernab aller Einflüsse hat auch Israel selbst eine Kultur kultiviert, die sich in der Bevölkerung des Landes widerspiegelt. Der Jerusalemer Yehuda-Markt zeigt beispielsweise diesen speziellen Charakter, und zwischen bunten Gewürzen und frischen

Obst, Gemüse und Begegnung auf dem Yehudi-Markt

Früchten hat man immer wieder Begegnungen mit Menschen, die die vielfältigen und schönen Gesichter Israels repräsentieren.

Es ist ein Land der Extreme und ein Land der Gegensätze. Dieses Grundgefühl des Landes lässt sich mit Worten nicht beschreiben, sondern nur erleben.

Wenn Menschen unterschiedlicher Prägung aufeinandertreffen und sich trauen, in Kontakt zu treten, kann man so viel voneinander lernen. Das Land Israel ist prädestiniert dafür, ein Land der Begegnung zu sein, der Begegnung der besonderen, der faszinierenden Art, wie sie sonst kaum auf dem Globus zu finden ist.

 

Deshalb – so mein Wunsch und meine Empfehlung – muss jeder (mindestens) einmal in Israel gewesen sein und eine Rundreise unternommen haben. Es gibt viel mehr zu entdecken, als jeder Reisebericht zu erzählen hat. In diesem Land warten Erlebnisse und Begegnungen mit Religionen, Kulturen und vor allem – mit Menschen, die ihresgleichen suchen. Und vielleicht wird der eine oder andere Israelreisende auch neugierig darauf, dem biblischen Gott zu begegnen, ihn kennenlernen zu wollen, von dem Juden und Christen in der Bibel Zeugnis ablegen.

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