Christliche Kirchen in Jerusalem

Es ist sicherlich kein Novum, dass sich die drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam die Stadt Jerusalem als einen entscheidenden Ort für jeweils ihre Religion teilen. Kein anderer Ort der Welt ist geschichtlich und religiös so „besonders“ und dabei zugleich so „spannungsgeladen“, wie diese Stadt. Doch denkt man bei Jerusalem vielleicht selten daran, dass auch heute noch in christlichen Kirchen Jerusalems das „geistliche Leben“ pulsiert, und neben der berühmten Grabeskirche auch sonst noch so einige andere Kirchen existieren. Wir möchten hiermit einige wenige dieser aktiven christlichen Kirchen, vor allem aus der Altstadt, kurz vorstellen.

Die Grabeskirche bzw. Auferstehungskirche (Anastasis)

Bevor wir später andere Kirchen kennenlernen und den jeweiligen Konfessionen zuordnen, wenden wir uns zunächst der bekanntesten Kirche zu, der Grabeskirche, da diese keiner alleinigen Konfession zugeordnet werden kann. Die Hauptverwaltung liegt in Griechisch-Orthodoxen, in Römisch-Katholischen (Franziskaner) Hände sowie in der der Armenisch-Apostolischen Kirche.

Wer an das Christentum oder an Kirchen in Jerusalem denkt, dem fällt natürlich zuerst die Grabeskirche ein. Den Namen hat die Kirche vom Grab Jesu erhalten, denn die Kirchenanlage ist an der Stelle erbaut worden, an der Jesus vermutlich gekreuzigt und begraben wurde. Vieles spricht auch tatsächlich dafür, dass dies der historische Ort gewesen sein kann.

Gefunden wurde dieser Ort angeblich unterhalb eines heidnischen Tempels auf einer der Reisen Helenas, der Mutter des Kaisers Konstantin. Mit diesem Fund beginnt die Verehrung von „Kreuzreliquien“ in großem Stil. Am 13. September 335 wird die vor Ort erbaute Kirche geweiht und fortan als Gottesdienstraum genutzt. Im Mittelalter, zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert, wird die Kirche zerstört, jedoch anschließend wieder aufgebaut. Heute wird die Kirche von insgesamt sechs verschiedenen Konfessionen genutzt:

  • römisch-katholisch (vertreten durch den dort ansässigen Franziskaner-Orden)
  • griechisch-orthodox
  • syrisch-orthodox
  • armenisch-apostolisch
  • äthiopisch-orthodox
  • koptisch

Diese sechs kirchlichen Denominationen sind für die Pflege und den Erhalt der Grabeskirche zuständig, ein gewisser Weise unglücklicher Umstand, der regelmäßig zu Auseinandersetzungen über die Zuständigkeitsbereiche führt. In der Osterzeit kann es daher auch schon einmal zu ernsthaften Rangeleien während der Prozessionen kommen. Protestantische Konfessionen sind in der Kirche nicht vertreten. Unter diesem Link kann man eine virtuelle Tour durch die Grabeskirche machen: www.virtualtoursantosepolcro.org

Römisch-Katholische Kirchen

Folgende römisch-katholische Kirche befinden sich in der Jerusalemer Altstadt: die Ecce-Homo-Basilika (im 19. Jh. erbaut), die Salvatorkirche (16. Jh.), die nebeneinander stehenden Kapellen mit den Namen Geißelungskapelle (12. Jh.) und Verurteilungskapelle (20. Jh.), welche gemeinsam die zweite Station des dortigen Kreuzweges bilden, sowie zwei weitere Kirchengebäude, die zwar mit der römisch-katholischen Kirche uniert sind, jedoch in ostkirchlicher Tradition stehen: Kirche der Schmerzen Mariä (armenisch-katholisch) und St.-Anna-Kirche (griechisch-katholisch). Die unierten Kirchen gehören zur Kirchengemeinschaft von Rom und erkennen das Primat des Papstes an (der als Bischof von Rom das alte Patriarchat des Westens innehat). In liturgischen Fragen folgen die mit Rom verbundenen Ostkirchen allerdings ihren eigenen Sprachen und Traditionen, wie z.B. griechisch, armenisch, syrisch usw. Seit dem Vaticanum II wurde es ja ausdrücklich möglich, einen katholischen Gottesdienst in der jeweiligen Landessprache zu zelebrieren. An bestimmten heiligen Stätten aber – bspw. in der Grabeskirche – wird der Gottesdienst nach wie vor in lateinischer Sprache abgehalten.

Ein wichtiges Ereignis für die römisch-katholischen Kirchen im Heiligen Land war die Unterzeichnung eines Grundlagenabkommens zwischen dem Vatikan und Israel am 30. Dezember 1993: Das Abkommens erkennt den Staat Israel völkerrechtlich an und regelt die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten.

Protestantisch

Es gibt in Jerusalem außerdem mehr protestantische Gemeinden und Kirchen als man auf den ersten Blick meinen könnte: Über zehn verschiedene protestantische Denominationen haben sich in Jerusalem niedergelassen. In der Altstadt gibt es jedoch nur zwei evangelische Kirchgebäude: die Erlöserkirche aus dem 19. Jh., die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) geleitet und unterhalten wird und eine deutsche Gemeinde im Ausland darstellt, aber auch englisch-, arabisch- und dänischsprachige Lutheraner beherbergt. Sie ist ein Zentrum der protestantischen Ökumene im Herzen von Jerusalem. Außerdem gibt es die anglikanische Christuskirche (Christ Church), welche 1849 als erste protestantische Kirche im Nahen Osten eröffnet wurde.

(ts)

Quellen:

http://www.virtualtoursantosepolcro.org/index_en.htm

http://www.deutschlandradiokultur.de/grabeskirche-in-jerusalem-der-herr-der-schluessel.1278.de.html?dram:article_id=316220

Bibliographie:

Nolli, Gianfranco, Grabeskirche und Felsendom in Jerusalm, Novara 1989

Raanan, Mordecai (Hg.), Die Heiligen Stätten. Auf den Spuren Jesu, Freiburg i. Br. 1970

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