„Ab in die Wüste“ – Erlebnisse auf einer Tour in Israels Negev
Juni, Sommerhitze und Wunsch nach Erfrischung – diese drei Dinge erinnern mich an eine geführte Tour durch die Wüste in Israel, die ich 2017 zusammen mit meinem Mann gemacht habe. Treffpunkt war um 8.00 Uhr am Abraham Hostel in Jerusalem. Dort erwartete uns schon der bärtige Jeepbesitzer mit cooler Sonnenbrille. Wir hatten eine Tagestour in die Wüste gebucht. Die Negev Wüste in Israel ist ein faszinierender Ort, sie nimmt circa 60 Prozent des Staates Israel ein, doch auf eigene Faust hätten wir sie nicht einfach so erkundet. Deswegen waren wir voller Vorfreude und auch gespannter Aufregung auf den vor uns liegenden Tag mit der geführten Tour, die uns Sandstaub, Steine und faszinierende Sehenswürdigkeiten bescheren sollte. Also, ab in die Wüste!
(Aus-)Wege in der Wüste
Die buntgemischte Reisegruppe quetschte sich zu acht auf die beiden Rückbänke des Jeeps und der Reiseleiter düste los. Wir fuhren durch die dichtbefahrenen Straßen Jerusalems, überquerten die Grenze zur Westbank und entfernten uns schnell vom Trubel der Stadt. Dann bogen wir auf kleine, steinige Wege ab, die abwechselnd rauf und runter gingen. Wie gut, dass sich der Reiseleiter da auskannte. Aber woher wusste er, wo es lang geht? Bevor wir fragen konnten, hielt er an einer passenden Stelle an und holte eine Karte heraus. Diese war voller Linien und kleiner Zeichen. Er erklärte uns die Wegelinien und auch die Markierungen, die anzeigten, wo Wasserbrunnen zu finden seien. Fasziniert starrten wir die Karte an, doch schon steckte er sie wieder ein und streckte uns stattdessen sein Smartphone hin. Naja eigentlich navigiere er sich mit seinem Handy, sagte er dann plötzlich. Dort hat er alle Karten gespeichert, alles ist genauso eingezeichnet und mit GPS weiß er genau, wo er ist. Ein Navi für die Wüste – damit hätten wir nicht gerechnet.
Brunnenbekanntschaften
Das Navi führte uns dann gleich zu zwei Brunnen. Bevor wir den ersten erreichen konnten, kam uns schon ein Junge auf einem Esel entgegen, in Begleitung von seinem größeren Bruder. Sie erspähten uns von Weitem und winkten uns zu. Der Reiseleiter kannte die beiden anscheinend und hielt kurzerhand am Wegesrand an. Alle Mann aussteigen und runter zum Brunnen – hieß die Devise. Dort warteten die anderen Kameraden, etwa 50 Ziegen, schon auf unsere Ankunft. Der Brunnen hatte einen tiefen Brunnenschacht und daneben eine steinerne Tränke für die Tiere. Der ältere Bruder machte es uns vor, schöpfte mit einem Gummieimer an einem Seil Wasser und schüttete es sorgsam in die Tränke. Wer von uns wollte, durfte auch einmal sein Glück versuchen. Ich wagte mich auch ran und holte eine Portion Wasser aus dem Schacht. Das Ausschütten in die Tränke war bei mir eher eine wackelige Angelegenheit und der Reiseleiter wies mich gleich darauf hin „Don’t waste the water“. Womit er auf jeden Fall Recht hatte, denn Wasser ist in der Wüste unendlich kostbar, jeder Tropfen zählt. Nachdem jeder, der wollte, Wasser geschöpft hatte, machten wir uns wieder auf den Weg. Der kleine Junge kam noch mit zum Jeep, begutachtete alles genau und lief dann noch einige Meter neben dem Fahrzeug her. Kaum waren wir um die nächsten paar Kurven gebogen, sah man in der Ferne einen Mann auf dem nächsten Brunnen sitzen und er deutete uns irgendetwas. Wie zuvor hielten wir an und mit Händen und Füßen machte uns der Mann darauf aufmerksam, dass in seinem Brunnen eine Schlange am Eimer war. Er wollte uns das einfach zeigen und jeder warf einen Blick hinein.
Die Wüste als Zuhause
Die Jungs und der Mann am Brunnen, waren Beduinen. Faszinierende Menschen. Sie haben sich mit dem rauen Leben in der Wüste arrangiert und leben mit ihren Familien in einfachen Blechhütten, die sie sich selbst gebaut haben. An anderen Orten bauen sie zeltartige Behausungen aus Holzgerüsten mit bespannten Tierfellen. Sie halten Tiere, führen diese tagein tagaus zu Wasserstellen und wirken dabei sehr zufrieden. Wir fahren einen Wüstenhügel hinab und stehen vor einer dieser Hütten. Ehe wir uns versehen, stehen wir sogar in der Hütte, die leer zustehen scheint. Der Reiseleiter erklärt uns, dass die Beduinen ihre Behausungen je nach Jahreszeit flexibel wechseln. Im Winter wohnen sie in den kleinen Tälern zwischen den Hügeln, da sie dort windgeschützt sind. Im Sommer hingegen ziehen sie um und lassen sich auf den Wüstenhügeln nieder, da dort eine angenehme Brise weht. Nun verstanden wir, wieso die im Thal gelegene Hütte, in der wir gerade dem Reiseleiter lauschten, leer stand – erst im Winter würde sie wieder bewohnt sein. Auf der Weiterfahrt durch die Wüste besuchten wir jedoch noch eine besondere Behausung, die ganzjährig bewohnt ist. Sie war weder im Tal, noch auf dem Hügel, sondern genau dazwischen: am Felshang des Kidrontals. Oberhalb des Kidronbaches wohnen noch einige griechisch-orthodoxe Mönche in einem der ältesten Klöster weltweit. Wir standen oben am gegenüberliegenden Felsen und bestaunten die kunstvolle Architektur, die sich perfekt in die felsige Umgebung einfügte. Das Kloster wurde schon im Jahre 483 gegründet und seither wohnte dort eine Vielzahl frommer Mönche.
Den Umständen die Zähne zeigen
Doch in der Wüste wohnen nicht nur taffe Menschen, sondern auch kleine und große Tiere, die sich ebenfalls in der kargen Umgebung bestens wohlfühlen. Mit einem Esel und 50 Ziegen hatten wir ja schon am Brunnen Bekanntschaft gemacht und auch eine Schlange wurde uns schon vorgeführt. Auf einem Aussichtsberg hatten die Beduinen noch ein besonderes Schmankerl für uns bereit. Der Reiseleiter kam regelmäßig mit Gruppen auf diesen Berg und seine Beduinenfreunde wussten das und stellten ihm manchmal ein kleines Ausstellungsstück bereit. Diesmal war es ein Skorpion in einer Plastikflasche. Wie sie das nur da hinein bekommen haben? So ganz geheuer war uns das Ganze nicht, so betrachteten wir es aus einem gewissen Sicherheitsabstand. Ein Highlight der Wüstentour waren aber die eher größeren Tiere: die Kamele. Manche standen einfach bei den Behausungen der Beduinen, andere gingen seelenruhig vor uns her auf der Wüstenstraße. Ein besonders entspanntes Kamel stand unter einem schattigen Baum an einer Moschee. Es kaute entspannt an seinem Nachmittagssnack und zeigte uns ganz stolz seine Zähne. Aber genau das müssen Mensch und Tier in der Wüste tun, sich nicht unterkriegen lassen von der kargen, lebensfeindlich erscheinenden Landschaft, sondern das Beste daraus machen und den Umständen gekonnt die Zähne zeigen.
Wo Wasser ist, ist Leben
Gegen Ende unserer Rundfahrt durch die Wüste, hatte der Reiseleiter noch einen besonderen Ort auf dem Plan, den er uns zeigen wollte. Eine grüne Oase mit schattigen Bäumen und glasklarem Wasser. Nach dem vielen Beige der Wüste, wirkten das Grün nun noch saftiger und das Wasser so erfrischend lebendig. Wasser in der Wüste. Ohne die Brunnen und die vereinzelten Wasserstellen wäre ein Leben in der Wüste undenkbar. Doch wo Wasser ist, da ist Leben. Auch in der Wüste kann man in einfachen Behausungen wohnen, vorausgesetzt, dass genügend Wasser in der Nähe ist.
Wie oben erwähnt, besteht der Staat Israel zu 60 % aus Wüste. Können wir in Deutschland uns vorstellen, was das bedeutet? Und dennoch sind die Israelis seit Jahrzehnten in der Lage, auch mittlerweile mit hochmoderner landwirtschaftlicher Bewässerungstechnologie, die Wüste lebensfähig zu machen und dort Kulturpflanzen anzubauen. Aber das ist ein anderes Thema, das an Israels Überlebenswillen erinnert und das jeden faszinieren wird, der Israel bereist.
Zurück zum Wasser in der Wüste: Ein Freund in Israel erzählte uns ein schönes Sinnbild mit Wüste und Wasser in Bezug auf herausfordernde Zeiten in seinem Leben. Er sagte „Wenn du in der Wüste bist, dann wachsen deine Wurzeln tiefer und dort werden sie auf süßes Wasser stoßen“. Süßes Wasser, eine ewige Quelle und ein Brunnen, der nie erschöpft ist – so ist unser Gott, er will auch uns in herausfordernden Wüsten-Zeiten neu erfrischen, stärken und tiefe Wurzeln schlagen lassen. Durch den Glauben an Jesus und die enge Verwurzelung in ihm, wird unser Lebensdurst gestillt und wir können auch in „Wüsten-Zeiten“ leben, grünen und wachsen.
JB
Bilder: privat
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