Nein, das darf nicht durchgehen: Judenverachtung ist keine Olympische Disziplin, sondern skandalöser Antisemitismus!

Erst am 23. Juli haben die olympischen Spiele begonnen. Wie jedes Mal wurden die verschiedenen Wettbewerbe gespannt verfolgt und die erbrachten Leistungen von den jeweiligen Teams und ihren Ländern gefeiert. Gerade in der immer noch aktuellen Pandemiesituation durch das Coronavirus schienen die Spiele eine willkommene Ablenkung zu sein – bis ein erstauntes Raunen durch die Reihen ging: Der algerische Judo-Star Fethi Nourine weigerte sich, gegen den israelischen Judoka Tohar Butbul anzutreten.

Der israelische Judoka Tohar Butbul tritt in der 73kg Klasse an.

Allerdings geschah sein eindeutig antisemitisch motivierter Rücktritt nicht etwa in einem konkreten Duell: Nourine verzichtete bereits auf den vorhergehenden Kampf und trat nicht gegen den Sudanesen Mohamed Abdalrasool an – denn hätte er diesen Wettkampf gewonnen, hätte es im nächsten Spiel zu einem Zusammenstoß mit dem israelisch-jüdischen Butbul kommen können. Nourine kommentierte seine Entscheidung als eine politische: Er unterstütze „die palästinensische Sache“ und könne deshalb nicht gegen einen Israeli antreten, denn sie sei größer als der sportliche Erfolg, für den er und sein Team so hart gearbeitet hätten.1Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell Tatsächlich ist dies nicht das erste Mal, dass Nourine mit einem solchen Statement auffiel: Schon 2019 wurde er von der Judo-Weltmeisterschaft disqualifiziert, weil er sich weigerte, gegen einen Israeli zu kämpfen.

Doch sein Trainer Amar Ben Yekhlef scheint auch nicht unschuldig an der Entwicklung der Dinge zu sein: Lapidar erörterte er in einem Interview, sie hätten kein Glück bei der Auslosung der Gegner gehabt. Eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel werde von Algerien abgelehnt, weshalb sie mit einem Rücktritt die richtige Entscheidung getroffen hätten.2Vgl. N.N., Judoka verweigert Kampf

Leider zog Nourines Entscheidung einen weiteren Skandal nach sich: Mohamed Abdalrasool, der sudanesische Judoka, gegen den jener nicht angetreten war, wurde zum Sieger der Runde ernannt – und sollte nun gegen den Israeli Butbul antreten. Doch auch er weigerte sich und nahm an dem Duell mit dem jüdischen Sportler nicht teil. Anders als sein algerischer Kollege nannte der Sudanese keinen Grund für seinen Rücktritt am 26. Juli und hüllt sich in Schweigen.

 

Algerien liegt im Norden des afrikanischen Kontinents.

Es ist erfreulich, dass sofort Stimmen laut wurden, die die antisemitisch motivierten und judenverachtenden Verhaltensweisen verurteilten. So reagierte etwa das Olympische Komitee aus Algerien sofort, indem es sowohl Nourine als auch seinem Trainer Ben Yekhlef die Akkreditierung aberkannte und eine Rückreise anordneten. Über weitere Sanktionen werde nachgedacht. Der Judo-Weltverband IJF suspendierte die beiden, da Nourines Verhalten gegen die Grundsätze des Sportes, die auf Respekt, Solidarität und Freundschaft basierten, spreche.3Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell. Der Verband ermittelt nun gegen den algerischen Sportler und seinen Trainer.

Im Gegensatz dazu hält sich das internationale Komitee der Olympischen Spiele (IOC) leider bedeckt: James Macleod ist im Komitee für die Kommunikation mit den nationalen Dachverbänden zuständig und gab nur an, dass das Komitee „bei solchen Fällen“ besorgt sei und sie sich genau anschaue. Das Komitee werde alles untersuchen, was an es herangetragen werde, und vor einem Eingreifen nicht zurückschrecken – doch ein öffentliches Statement fehlt bisher.4Vgl. Hollmann, IOC verurteilt.

Wo ist die offizielle Stellungnahme zu den Hintergründen der beiden Rücktritte? Auch wenn Abdalrasool nicht so offensiv wie sein Kollege Nourine vorgegangen ist, ist der Zusammenhang der Entscheidungen nicht von der Hand zu weisen und der Grund der Judenverachtung allzu offensichtlich. Wo bleibt eine öffentliche Verurteilung von Antisemitismus im Sport durch das IOC? Wo bleibt ein Schulterschluss der Vertreter anderer Länder mit den israelisch-jüdischen Sportlern, die wieder einmal eine solche Diskriminierung erfahren? Viel zu schweigsam wird politischer Antisemitismus bzw. wird offen bekundeter Israel- und Judenhass geduldet, insbesondere im Olympischen Sport, in dem er absolut nichts verloren hat.

Diese Tafel trägt die Namen der israelischen Opfer des Attentats durch palästinensische Terroristen in München 1972 und wurde zum Gedenken am Ort des Geschehens aufgestellt.

Vor allem vor dem Hintergrund der Geschichte der Olympischen Spiele hätte ein lauterer Aufschrei durch die Welt gehen müssen: Vor fast 50 Jahren hat ein politisch motiviertes antisemitisches Attentat 11 Israelis das Leben gekostet. 1972 hatten palästinensische Terroristen bei den Spielen in München die Männer gekidnappt und bald darauf ermordet.

 

Man sollte meinen, dass in einer postaufklärerischen und globalisierten Welt mit multikulturellen Gesellschaften Antisemitismus an Kraft verlieren müsste. Es stellt sich unweigerlich die Frage: Was haben antisemitisch motivierte Handlungen im Sport zu suchen, der eigentlich ein neutraler und internationaler Raum sein sollte, in dem es um Leistung, um sportliche Konkurrenz und auch um Völkerverständigung und kulturübergreifende Freundschaft geht, in dem es aber nicht um Herkunft, Religion oder politische Meinungen gehen sollte?

Leider scheint gerade israelbezogener Antisemitismus, der in den letzten Jahren beinahe jedes Land und jeden Lebensbereich durchdrungen hat, auch vor dem Sport keinen Halt zu machen, denn die Fälle summieren sich erschreckend. Häufig gehen sie von iranischen Sportlern aus, was schon vielen bekannt ist und nicht weiter zu verwundern vermag. Dass aber beispielsweise die Ausrichter der Schachweltmeisterschaften sich dem fügen und zumeist dafür sorgen, dass ein Zusammentreffen von iranischem und israelischem Spieler gar nicht erst zustande kommt,5Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell. ist peinlich und abstoßend. Damit wird Antisemitismus nicht verurteilt, sondern ihm nachgegeben.

Beim Sport sollte es keine Vorurteile geben, sondern um Leistung und sogar interkulturelle Beziehungen gehen.

Vor allem im Judo stehen Sportler sehr offen zu ihren antiisraelischen Einstellungen: Ein ähnlicher Skandal zu dem aktuellen um Nourine und Abdalrasool ereignete sich erst 2017, als der iranische Ringer Ali-Resa Karimi auf Anweisung seines Trainers hin im Achtelfinale der U23-Ringer-WM absichtlich verlor, um einem Zusammentreffen mit dem israelischen Ringer auszuweichen. Anders erging es dem Iraner Saeid Mollaei: Der Judo-Weltmeister wurde bei der WM 2019 in Tokio von seinem Team aufgefordert, im Halbfinale absichtlich zu verlieren, um nicht gegen den israelischen Gegner anzutreten – doch er weigerte sich und floh kurzerhand nach Deutschland.6Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell. Aufgrund solcher Vorfälle hat der IJF im April dieses Jahres den Iran für Wettkämpfe der nächsten vier Jahre gesperrt, weil der iranische Nationalverband seine Sportler angewiesen hatte, nicht gegen Israelis anzutreten.7Vgl. N.N., traurige Tradition. Vor einigen Jahren trat der Ägypter Islam El Shahaby gegen den Israeli Or Sasson im Judo in Rio an. Shahaby unterlag Sasson im Kampf und verweigerte ihm danach den Handschlag. Nach dem Kampf wurde der ägyptische Judoka im Heimatland scharf kritisiert – jedoch nicht für die Ablehnung des Handschlags, sondern weil er überhaupt gegen den Israeli angetreten und dann auch noch unterlegen war.8Vgl. N.N., traurige Tradition.

Vielen mag nicht bekannt sein, dass auch die Fußballwelt von diesem Konflikt geprägt wurde: Weil die arabischen Mannschaften Israel in den ´70er und ´80er Jahren einen Eintritt in den asiatischen Fußballzusammenschluss AFC verwehrten, spielt Israel in der europäischen UEFA mit.9Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.

 

Es ist höchste Zeit, dass in der Sportwelt eine Aufarbeitung der anti-jüdischen Geschichte gefördert wird und man sich klar und öffentlich gegen jede Art von Antisemitismus und Antijudaismus stellt und diesen auch mit entsprechender Härte sanktioniert. Ein lediglich „besorgtes Beobachten“ hilft niemandem, wenn ihm keine deutlichen Maßnahmen und ggf. auch scharfe Sanktionen folgen. Ein Antisemitismus, der sich in politisches Gewand kleidet und nichts anderes als Hass gegen den jüdischen Staat oder auch das Judentum als Religion ist, darf im Sport keinen Platz haben.

 

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    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell
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    Vgl. N.N., Judoka verweigert Kampf
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    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.
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    Vgl. Hollmann, IOC verurteilt.
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    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.
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    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.
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    Vgl. N.N., traurige Tradition.
  • 8
    Vgl. N.N., traurige Tradition.
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    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.

 

Quellen:

Hollmann, Christian, IOC verurteilt antisemitischen Boykott, https://www.juedische-allgemeine.de/israel/internationales-olympisches-komitee-verurteilt-antisemitischen-boykott-zweier-judoka/(Stand 27. Juli 2021)

N.N., Algerischer Judoka verweigert Kampf gegen Israeli, https://www.juedische-allgemeine.de/juedische-welt/algerischer-judoka-verweigert-kampf-gegen-israeli/ (Stand 27. Juli 2021)

N.N., Besonders im Judo hat der Hass auf Israel eine traurige Tradition, https://www.welt.de/sport/olympia/article232712661/Olympia-2021-Nach-Eklat-im-Judo-hat-Israel-Hass-traurige-Tradition.html (Stand 27. Juli 2021)

N.N., Zwei Judoka verweigern ein Duell – weil sie nicht gegen einen Israeli kämpfen wollen, https://www.stern.de/sport/olympia/olympia-2021/zwei-judoka-verweigern-duell—weil-sie-nicht-gegen-einen-israeli-kaempfen-wollen-30632216.html (Stand 27. Juli 2021)

N.N., Zweiter Judoka verzichtet auf Kampf gegen Israeli, https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/zweiter-judoka-verzichtet-auf-kampf-gegen-israeli/ (Stand 27. Juli 2021)

 

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    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell
  • 2
    Vgl. N.N., Judoka verweigert Kampf
  • 3
    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.
  • 4
    Vgl. Hollmann, IOC verurteilt.
  • 5
    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.
  • 6
    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.
  • 7
    Vgl. N.N., traurige Tradition.
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    Vgl. N.N., traurige Tradition.
  • 9
    Vgl. N.N., Judoka verweigern Duell.