Boykottiert, weil jüdisch – Der neue Antisemitismus trägt das Gewand der Moral
Antisemitismus unter dem Deckmantel einer angeblich berechtigten Kritik
Ob in Hollywood, auf Musikbühnen oder an Universitäten: Immer häufiger geraten jüdische oder israelische Persönlichkeiten ins Visier öffentlicher Boykottaufrufe. Was als Kritik an israelischer Politik deklariert wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen oft als pauschale Ablehnung von Menschen, nicht wegen ihres Verhaltens, sondern wegen ihrer Herkunft oder Haltung, eben schlicht und einfach, weil sie Juden oder Israeliten sind. Diese Entwicklung ist alarmierend, denn sie normalisiert eine Form des modernen Antisemitismus, der sich hinter vermeintlich „politischen“ oder „politisch korrekten“ oder „moralischen“ Forderungen versteckt.
Der Fall Gal Gadot – eine symbolische Zielscheibe
Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Schauspielerin Gal Gadot. Ihr öffentlicher Einsatz für israelische Opfer vor Terrorismus und Gewalt und ihre Solidarität mit ihrem Heimatland löste eine Welle der Ablehnung, Diffamierung und Boykottaufrufe aus. Das geschah jedoch nicht, weil sie etwa Hass verbreitete, sondern weil sie den Mut hatte, sich mit Israel zu identifizieren. Der Fall steht exemplarisch für eine bedenkliche Tendenz: Wer heute jüdisch ist und das auch zeigt, wird schnell zur Zielscheibe. Gal Gadot zählt zu den bekanntesten Schauspielerinnen Hollywoods. Ihren internationalen Durchbruch hatte sie 2016 mit Batman vs. Superman und ein Jahr später mit der Hauptrolle in Wonder Woman. In der aktuellen Verfilmung Snow White ist sie als böse Stiefmutter in Disneys Neuverfilmung von Schneewittchen zu sehen. Seit Kurzem ist sie auch die erste israelische Schauspielerin mit einem Stern auf dem legendären Hollywood Walk of Fame, doch selbst dieser Moment der Anerkennung blieb nicht ohne Protest. Wie die Los Angeles Times berichtet, wurde die Ehrung im März 2024 von pro-palästinensischen wie von pro-israelischen Demonstranten begleitet. Einige hielten Schilder mit der Aufschrift „Heroes Fight Like Palestinians“, andere schwenkten israelische Flaggen.

Gal Gadot, By Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50365084, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons
Der eigentliche Skandal ereignete sich jedoch im Zusammenhang mit Snow White. Mehrere israelfeindliche Gruppen aus arabischen Ländern riefen zum Boykott des Films auf, allein aus dem Grund, weil Gadot als Jüdin darin mitspielt. In einem gemeinsamen Schreiben erklärten Organisationen aus Jordanien und Bahrain, sie lehnten es ab, dass eine „ehemalige Soldatin“ und „Repräsentantin der Besatzung“ auf diese Weise als Künstlerin anerkannt werde. Gadot stehe „nicht für Kunst, sondern für Fremdherrschaft und Gewalt“. Die Boykottaufrufe richten sich nicht gegen Inhalte des Films, sondern gegen die bloße Existenz und Sichtbarkeit einer erfolgreichen Israelin im globalen Kulturbetrieb. Dabei ist es längst nicht das erste Mal, dass Gadot aus politischen Gründen boykottiert wird. Bereits 2022 wurde Death on the Nile in Kuwait verboten, ebenfalls wegen ihrer Beteiligung. Gal Gadot hat sich seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 klar zu Israel bekannt. In Reden und auf Social Media verurteilte sie den Hass auf das jüdische Volk. Anfang März 2024 wurde ihr dafür der Internationale Führungspreis der Anti-Defamation League verliehen, einer Organisation, die sich weltweit gegen Antisemitismus einsetzt. Die Angriffe gegen Gadot zeigen, dass es nicht um Kritik an politischen Entscheidungen geht, sondern darum, jüdische Stimmen aus der Öffentlichkeit zu verdrängen und sie als „Täter“ und „Unterdrücker“ verallgemeinernd zu stigmatisieren. Der Boykott richtet sich nicht gegen eine Meinung, sondern gegen eine Identität. Und das ist nicht Protest, das ist Antisemitismus in neuem Gewand.
Immer mehr Fälle der Ausgrenzung
Doch Gal Gadot ist kein Einzelfall. Ob auf Bühnen, in Buchhandlungen, im akademischen Raum oder der Gastronomie wächst der Druck, jüdische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Die folgenden Beispiele verdeutlichen, wie Ausgrenzung heute oft funktioniert, getarnt unter dem Deckmantel „legitimer Kritik“.
Ein besonders umstrittener Fall war die Weigerung der irischen Schriftstellerin Sally Rooney, ihren Roman „Beautiful World, Where Are You“ von einem israelischen Verlag ins Hebräische übersetzen zu lassen. Sie begründete dies 2021 mit ihrer Unterstützung der BDS-Bewegung, die zum wirtschaftlichen, kulturellen und akademischen Boykott Israels aufruft. Doch was bedeutet es, ein ganzes Volk vom literarischen Austausch auszuschließen, allein wegen seiner Staatsangehörigkeit? Rooneys Entscheidung wurde von vielen als ein Beispiel für „intellektuelle Apartheid“ kritisiert, die nicht zur Verständigung beiträgt, sondern zur Entfremdung.
Auch in der Musikszene häufen sich problematische Vorfälle. Anfang 2024 veröffentlichte der US-Rapper Macklemore das Lied „Hind’s Hall“, in dem er Israel einseitig für den Konflikt im Nahen Osten verantwortlich macht und das Hamas-Massaker vom 7. Oktober mit keinem Wort erwähnt. Der Song wurde in Aktivistenkreisen gefeiert, als mutiger Beitrag zur Debatte. Doch genau darin liegt das Problem. Wenn antisemitische Narrative als „künstlerischer Ausdruck“ verpackt werden, verharmlost das Hass und Verachtung Juden gegenüber. Dass Macklemore anschließend Headliner eines deutschen Musikfestivals wurde, löste heftige Kritik aus, unter anderem vom Zentralrat der Juden und dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung.
Wenn Juden in Deutschland wieder Angst haben müssen

Protest, Foto von Ian Hutchinson auf Unsplash
Auch im öffentlichen Leben in Deutschland zeigt sich die neue Salonfähigkeit antisemitischer Abneigung. Seit dem Terrorangriff der Hamas berichten jüdische Restaurantbesitzer von massiven Drohungen, Boykottaufrufen und wirtschaftlichen Einbrüchen. So musste das koschere Berliner Lokal „Bleibergs“ nach über 20 Jahren schließen, der Betreiber nannte als Grund die wachsende Angst seiner Gäste und Mitarbeitenden. In München verlegte das israelische Deli „DoDa’s“ seinen Standort nach wiederholtem Vandalismus. In beiden Fällen wurden Menschen nicht wegen ihres Verhaltens angegriffen, sondern wegen ihrer jüdischen Identität.
Selbst im Sport ist der Boykott israelischer Athleten keine Seltenheit. Der iranische Schachgroßmeister Amin Tabatabaei verweigerte 2024 wiederholt das Antreten gegen israelische Gegner und das ohne spürbare Konsequenzen durch die Verbände. Obwohl er gegen die Grundprinzipien des Fairplay verstößt, darf er weiterhin internationale antreten, darunter auch für den FC Bayern München. Der Deutsche Schachbund verurteilte sein Verhalten, blieb jedoch letztlich folgenlos. Diskriminierung aus politischen Gründen wird stillschweigend geduldet.
Eine besonders erschreckende Entwicklung gibt es ebenfalls im Digitalen Raum, indem digitale Tools zur Boykottwaffe werden. Die App „No Thanks“ etwa, die laut Deutsche Welle viral ging, listet Unternehmen und Marken mit Israelbezug auf, mit dem Ziel, sie öffentlich zu markieren und zu meiden. Die Assoziationen zu früheren „Kauft nicht bei Juden“-Kampagnen sind unübersehbar. Antisemitismus wird hier algorithmisch organisiert und so als vermeintlich „aufgeklärter Konsum“ getarnt.
Der Boykott jüdischer Existenz

Israelflagge Foto von Oleg Vakhromov auf Unsplash
Was wir aktuell erleben, ist keine harmlose Kulturkritik. Es ist eine gezielte, tief ideologisch motivierte Ausgrenzung jüdischer und israelischer Menschen – nicht wegen dem, was sie sagen oder tun, sondern schlicht, weil sie sind, wer sie sind. Wer auf offener Bühne sagt, dass er Israel unterstützt, sieht sich zunehmend mit Boykott, Cancel Culture und öffentlicher Diffamierung konfrontiert. Das ist moralisch nicht haltbar und es ist auch geistlich nicht zu rechtfertigen. Israel ist die einzige funktionierende Demokratie im Nahen Osten, ein Land mit Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und kultureller Vielfalt. Wer israelische Künstler, Autoren, Sportler oder Gastronomen boykottiert, stellt Grundwerte infrage. Die Ablehnung richtet sich oft nicht gegen politische Entscheidungen, sondern sie richtet sich gegen das Existenzrecht Israels selbst und gegen die jüdische Identität als solche. Dieser Boykott ist nicht hinnehmbar. Die Würde jedes einzelnen Menschen, unabhängig von Herkunft oder Überzeugung, ist unantastbar. Antisemitismus, ob offen oder getarnt als „Israelkritik“, widerspricht dem Geist des Evangeliums Jesu Christi.
Wer Juden ausgrenzt, der grenzt letztlich auch den Gott Israels aus der Debatte aus. Die Bibel lehrt uns, an der Seite des jüdischen Volkes zu stehen, das sollte zwar nicht unkritisch, aber unverbrüchlich solidarisch geschehen. Gerade jetzt braucht es Menschen, die sich dem anti-jüdischen Zeitgeist entgegenstellen. Menschen, die nicht schweigen, wenn Juden ausgegrenzt, diffamiert oder zum Schweigen gebracht werden sollen, sei es auf der Kinoleinwand, in der Universität oder auf dem Konzertpodium. Es geht nicht um Politik. Es geht um Wahrheit, um Freiheit und darum, das Richtige zu tun.
Quellen:
https://www.welt.de/kultur/plus231364297/Proteste-gegen-Israel-Wenn-Kuenstler-ploetzlich-Juden-boykottieren.html Stand: 14.04.25
https://www.juedische-allgemeine.de/politik/boykott-ohne-folgen/ Stand: 14.04.25
https://forum.musikexpress.de/tanz-nicht-bei-juden-boykott-und-pop-linus-volkmanns-kolumne-2664363/Stand: 14.04.25
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/antisemitismus-israel-restaurants-juden-angst-100.htmlStand: 14.04.25
https://www.dw.com/de/no-thanks-virale-app-ruft-zum-boykott-israelbezogener-produkte-auf/a-67610214Stand:14.04.25
https://www.deutschlandfunkkultur.de/proteste-bei-walk-of-fame-zeremonie-fuer-israelische-schauspielerin-gal-gadot-102.html Stand: 14.04.25
https://www.idea.de/artikel/antisemitismus-boykottaufruf-gegen-film-snow-white-mit-gal-gadot Stand: 14.04.25