Ein Zeichen der Verbundenheit in einer herausfordernden Zeit – Israel Summit Berlin 2025

Am 8. Mai 2025 jährte sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal – ein Datum, das in Deutschland auch untrennbar mit der Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk verbunden ist, da der Holocaust an Juden zu den grausamen Schrecknissen dieses auch sonst nicht gerade schreckensarmen Krieg gewesen ist.
Nur zwanzig Jahre später, am 12. Mai 1965, wurden diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel aufgenommen, deren Aufnahme sich 2025 zum 60. Mal jährte. Zwischen diesen bedeutungsvollen Jahrestagen fand am 11.-12. Mai in Berlin der „Israel Summit 2025“ statt. Veranstaltet wurde er durch CSI (Christen an der Seite Israels) in Zusammenarbeit mit der israelischen Fundraising-Organisation Keren Hayesod. Im Folgenden soll ein kurzer Einblick in den Kongress gegeben werden.

CSI setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1998 für eine sichtbare Solidarität mit dem jüdischen Volk ein. Ganz nach ihrem Selbstverständnis „als Christen stehen wir mit Herz und Hand an der Seite Israels und des jüdischen Volks“ baut CSI durch Hilfsprojekte, Begegnungsreisen, biblische Lehrarbeit sowie zivilgesellschaftliches und politisches Engagement Brücken, um Christen für ein oft tabuisiertes Thema zu sensibilisieren und zum Dialog zu befähigen. Deshalb waren für den Summit eine Vielzahl an Sprechern aus verschiedenen Fachbereichen eingeladen, die durch Podiumsdiskussionen und Keynotes den Teilnehmern die aktuelle Situation jüdischen Lebens sowohl in Deutschland als auch Israel vor Augen führten und zugleich Möglichkeiten darstellten, Solidarität zu zeigen. CSI betont, kein Hass gegen Palästina schüren zu wollen, jedoch in dem aktuellen Konflikt und schon davor klar eine Seite gewählt zu haben, um dadurch auch an einer medien-ethisch verantwortbaren Objektivität in der Beurteilung der Faktenlage (Israel, Nahost, Gaza usw.) beizutragen.

Warum wir Christen an Israels Seite stehen sollten

Mehrere Teilnehmer und Mitarbeiter von CSI beklagten, die häufig in Gemeinden vorherrschende Ersatztheologie1Ersatztheologie lehrt, dass die Kirche Israel im Heilsplan Gottes ersetzt hat., sowie ein mangelndes Bewusstsein für die Verbundenheit von Christen zum Judentum. Doch das Judentum ist nicht nur der geistliche Ursprung für den Menschen- und Gottessohn Jesus im christlichen Glauben – Gott hält weiterhin an seinem Bund mit Abraham fest und verheißt ewige Treue und Segen für alle Völker. In einer Videobotschaft formulierte Dr. Johannes Hartl des Weiteren, dass eine Einbeziehung des Judentums in die eigene Glaubenspraxis wichtig und förderlich sei, da es als Korrektiv diene gegenüber falschen Lehren im Christentum. Es rufe uns zurück zu einem Glauben, der nicht nur das transzendente, sondern auch das Hier und Jetzt miteinbezieht, da das Judentum eine Religion des konkreten Handelns ist. Gott hat sein auserwähltes Volk nicht verworfen – daher sollten Christen es ebenso wenig tun.

Gerade jetzt ist Solidarität gefordert (Überblick 07.10.)

Besonders eindrücklich wurde über die Veränderungen in der Einstellung von Menschen seit dem 7. Oktober 2023 und den Zuständen in der deutschen Gesellschaft berichtet. Dabei wurden verschiedene Blickwinkel auf die Situationen dargestellt. Starkoch Avishay Argentaro, der an diesem Abend den Teilnehmern Israel auch kulinarisch näherbrachte, schilderte, wie Terroristen der Hamas sein Kibbuz angriffen. Er und seine Familie mussten sich 22 Stunden in einem Luftschutzbunker verstecken, bis die israelische Armee zur Hilfe kam. Auch zwei Jahre nach dem Angriff sagt er: „Wir (die solche Angriffe in Israel erlebt haben) sind nicht im Post-Trauma, wir sind immer noch im Trauma.“

Die Katastrophenhilfeorganisation ZAKA hat sich auf die Arbeit nach solchen Krisen spezialisiert. Marnix van Ede berichtete von Erlebnissen, welche Mitarbeiter nach dem 07. Oktober teilten. Er sprach davon, dass trotz Beweismaterialien, häufig die Gewaltakte der Hamas geleugnet werden. So hätte eine Einsatzkraft, welche nach dem Anschlag auf das Supernova-Festival half, mehrere Male mit ihrem Handy zu den Vereinten Nationen gehen müssen, um zu beweisen, dass die Bilder, welche sie als Nachweis von den Leichen gemacht hat auch echt waren. „In Israel gibt es niemanden, der keine 07. Oktober Story hat.“2Vgl. Michal Cotler-Wunsh

Auch in Deutschland lassen sich seit dem 07. Oktober Veränderungen innerhalb der Gesellschaft wahrnehmen. Beispielsweise bitten Abo-Empfänger der jüdischen Allgemeinen um anonyme Zustellung oder der Davidstern wird versteckt bzw. ganz abgelegt. In der Gesellschaft nimmt Antisemitismus und Antizionismus immer weiter zu. So seien gerade aus arabisch geprägten und politisch-links orientierten Teilen der Bevölkerung Strömungen am Wachsen, die dem Staat Israel aus unterschiedlichen Gründen das Existenzrecht absprechen. Diese Entwicklungen lassen Juden sich in ihrem eigenen Umfeld unsicher fühlen, da diese und Solidarität Bekundende teilweise mit Gewaltandrohungen und Gewalt rechnen müssen, wenn sie sich für Israel aussprechen oder als Juden zu identifizieren sind. Die Schlussfolgerung: Jüdisches Leben ist gefährdet, sowohl in Deutschland als auch in Israel und an anderen Orten der Welt. Seit der Shoah ist es notwendiger, denn je Solidarität mit Juden und mit Israel zu zeigen und gegen antisemitische Diskriminierung aufzustehen.

Solidarität: Lippenbekenntnis oder echtes Handeln?

Einen offiziellen Beistand der Bundesregierung pflegt Deutschland seit mehreren Jahrzehnten zu Israel. Am 12. Mai 2025 jährte sich zum 60. Mal der Tag, an dem die beiden Staaten, lediglich 20 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges, diplomatische Beziehungen aufnahmen und damit ein bedeutendes Zeichen für die Annäherung zwischen dem deutschen und dem jüdischen Volk setzten. Eine umfangreiche Erinnerungskultur und Maßnahmen gegen Antisemitismus wurden in dieser Zeit etabliert, um nicht zu vergessen, was damals passiert ist, und zu verhindern, dass es noch einmal passiert.

Gerade seit dem terroristischen Massaker an Juden am 07. Oktober nahmen Bitten von Schulen zur Aufklärung massiv zu, als Reaktion auf feindliche Aussagen gegenüber Israel und Juden, so Ahmad Mansour. So wurde auf dem Kongress beklagt, dass die Gesellschaft unter ihrem Oberflächenlack immer noch Antisemitismus in sich trage und die Erinnerungskultur fehlgeschlagen sei. Während sich die Regierung und weite Teile der Bevölkerung mit den Lippen zu Israel bekennen und Solidarität aussprechen, würden oft die konkreten Handlungen, fördernde Maßnahmen und Auswirkungen dieser Lippenbekenntnisse fehlen. Es sei einfach und bequem, den vermeintlich leichten Weg zu gehen und sich gegen Israel zu stellen bei allen Angriffen und Anfechtungen, oder sich gleichgültig zu verhalten. Aber das sei keine Frage nach dem persönlichen Nutzen, sondern vielmehr eine Frage der persönlichen Haltung.

Doch wie kann dieses Lippenbekenntnis nicht nur ein solches bleiben, sondern wie können Christen konkret an der Seite Israels stehen? Im Generellen wurde auf dem Kongress eine demütige Sichtweise darauf gefordert, was gerade in Israel geschieht. Ein Zurückhalten mit Urteilen, da vieles deutlich komplexer sei, wie es im ersten Moment oftmals medial verzeichnet erscheine. Neben dem Gebet und der Fürbitte wurde konkret dazu aufgerufen, beim Auftreten von Antisemitismus und Antizionismus im Alltag Partei zu ergreifen und zu widersprechen, wo Diskriminierung wahrgenommen wird. Jüdische Sprecher bedankten sich auf dem Kongress für genau solche Veranstaltungen, die deutlich machen würden, dass es Menschen bzw. Christen in Deutschland gibt, die an der Seite Israels stehen und es nicht allein sei. Solches israel-freundliche und Israel unterstützende Engagement spende Hoffnung und gebe Kraft, denn es wäre immer wieder eine harte Entscheidung für die Hoffnung, die es zu treffen gelte. Es zeigt sich deutlich, dass trotz aller Schwierigkeiten die Juden und Israelis sich immer wieder für die Hoffnung entscheiden anstatt aufzugeben.

Der Kongress umfasste eine umfangreiche Beschreibung des jüdischen Lebens in Deutschland und in Israel unter besonderer Berücksichtigung der Ereignisse seit dem 07. Oktober 2023. Dabei wurde die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet, sowohl durch Expertenmeinungen als auch durch persönliche Erfahrungsberichte. Es wurde darauf geachtet, ein facettenreiches Bild zu zeichnen und dieses auf verschiedenen Wahrnehmungsebenen nahe zu bringen. Dabei wurde die israelische Kultur musikalisch am Flügel, der Violine und mit Schofar, sowie kulinarisch übermittelt. Bilder und Videos sowie persönliche Schilderungen der aktuellen Situation machten diese nachvollziehbar und nahbar. Durch Schriftlesungen wurde nicht nur Wissen übermittelt, sondern auch die Seele angesprochen. Dadurch entstand eine ganzheitliche Abbildung aus jüdischer beziehungsweise israelischer Sicht.

Eine ergänzende Darstellung der gegenwärtigen Situation aus palästinensischer Sicht wäre bereichernd gewesen, um einen ausgewogenen Einblick in das Leid auf beiden Seiten zu erhalten. Jedoch ist eine neutrale Schilderung beider Seiten und Aufklärung durch persönlich Betroffene unter der Berücksichtigung der aktuellen Lage vermutlich nahezu unmöglich. Zudem hatte CSI auch keinen Anspruch auf Neutralität erhoben. Vielmehr ging es auf dem Kongress darum, Solidarität mit Israel zu bezeugen und deren Sichtweise darzustellen.

CSI versucht, die Christen im deutschsprachigen Raum, wieder mit der Rolle Israels in Gottes Heilsplan vertraut zu machen und zu vermitteln, dass der Bund, den Er mit seinem Volk geschlossen hat, weiterhin gilt.
Es fiel allerdings auf, dass die Altersstruktur der Teilnehmer sehr homogen gewesen ist – kaum jemand unter 40 Jahren, viele mit langjähriger persönlicher Israel-Verbundenheit. Trotz aktueller Debatten fanden offensichtlich nur wenig Jüngere oder neu Interessierte den Weg zur Veranstaltung. CSI ist sich jedoch diesem Dilemma durchaus bewusst, und weitet deshalb sein Angebot gezielt aus, um noch mehr junge Christen für die Bedeutung Israels im Heilsplan Gottes zu sensibilisieren und zu erreichen. Ein Mitarbeiter des Israel Summits formulierte es wie folgt: „Ich glaube daran, dass unser Herr Jesus Christus auferstanden ist und lebt. Das bedeutet, dass Jesus kein Jude war, sondern weiterhin ist.“

 

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  • 1
    Ersatztheologie lehrt, dass die Kirche Israel im Heilsplan Gottes ersetzt hat.
  • 2
    Vgl. Michal Cotler-Wunsh