Israel und seine Nachbarn – die Philister Teil II

Nachdem zuletzt die mögliche Herkunft der Philister ein wenig beleuchtet wurde, soll nun deren Lebensweise etwas untersucht werden. Wie also lebten die Philister? Dazu wollen wir zunächst ihre Herrschaftsverhältnisse und politische Situation in den Fokus nehmen.

 

Auch hier hält die Bibel einiges an Informationen bereit. Denn nach ihrem Zeugnis bewohnten die Philister die Städte Gaza, Aschkelon, Aschdod, Ekron und Gat, in einer Art Fünf-Städte-Bund. Dabei wurde jede Stadt durch einen Fürsten regiert, der sich im Kriegsfalle mit jenen seiner Schwesterstädte zusammenschliessen konnte.

Sowohl in der Richterzeit (z.B. Simson) als auch zur Zeit der israelischen Könige (von Saul, David und Salomo bis zu Hiskia und Ahas) waren Philister und Israeliten in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt. Mal eroberten sie dabei israelitisches Gebiet (2Chr 28,18), mal eroberten die Israeliten Gebiete von ihnen (2Chr 26,6). Doch selbst unter David, Salomo oder Usija wurden sie nie vollständig durch Israel erobert und unterworfen. Wie aber ging die Geschichte mit den Philistern aus? Was lässt sich historisch rekonstruieren?

Für die Beantwortung dieser Frage erweist sich das biblische Zeugnis als nicht ausreichend. Außerbiblische Quellen zeigen jedoch folgende Entwicklung.[1] Nachdem das 10-Stämme-Nordreich Israels schließlich durch Assur vernichtend ge-schlagen und erobert wurde (722/720 v. Chr.), machte dies auch vor Israels Erzfeinden im Süden nicht halt. So erlebten die Philister eine ähnliche Besatzungsgeschichte, wie ihr nord-östlicher Nachbar.

Auch die Philister hatten dem assyrischen König Adadnirari III. Tribute zu entrichten und wurden dann schließlich ebenfalls von Tiglatpileser III. erobert, gegen den sich Aschkelon im Folgenden gemeinsam mit Israel und Damaskus erfolglos erhob. Nach dem Tod des assyrischen Königs Salmanasser V. versuchte anschliessend Gaza das assyrische Joch abzuschütteln, doch ebenfalls ohne Erfolg.

Zur Zeit von Sargon II. probte nun Aschdod den Aufstand, mit ebenso wenig Gelingen, wie ihre Schwesterstädte zuvor. Als sich unter Hiskia von Israel schließlich eine erneute Koalition gegen Assur zu bilden begann, schlossen sich die Bewohner von Ekron, sowie die Stadt Aschkelon diesem an, nur um von Sanherib aufs Neue besiegt zu werden.

In der Folgezeit verhielten sich die Philister ihren assyrischen Herren gegenüber loyal, bis diese nach dem Tod ihres Königs Assurbanipal schließlich ihrerseits durch Nebukadnezar II. unter babylonische Herrschaft gerieten. Nachdem dieser daraufhin das Philisterland (604 v. Chr.) seinem Neubabylonischen Reich angliederte, verlaufen sich die historischen Spuren über dessen Bewohner im Sande.

Biblische Berichte sowie anderen Quellen zu den Philistern, zeichnen ein militärisch ambitioniertes, recht kriegerisches Bild von diesem Volk.[2] Im Unterschied zu anderen israelischen Nachbarn versuchten die Philister immer wieder, von der Küste hinauf in Israels Territorium vorzudringen, um ihr eigenes Herrschaftsgebiet auszudehnen. Dabei führten sie ihre Kriege wohl im Regelfall durch eigene Armeen selbst durch, anstatt auf Söldnerheere zu setzen, wie es zu dieser Zeit nicht unüblich war.[3] Diesem Grundsatz blieben sie auch bei David treu, dem sie es nicht gestatteten, in ihren Reihen zu kämpfen, obwohl dieser sich aus ihrer Sicht um ihr Vertrauen verdient gemacht hatte (1Sam 29). Auch kämpften furchterregende Kriegshelden, wie Goliath in ihren Reihen, und sie konnten in beeindruckender Zahl auf technisch fortgeschrittene Kriegsmaschinerie, wie Streitwagen und Kavallerie, zurückgreifen (1Sam 13,5).

Landwirtschaftlich zeigten sie sich darüber hinaus auch aktiv. So betrieben sie Viehzucht und bauten neben (den durch Simsons Füchse in Brand gesteckten) Getreidefeldern, Ölbäumen und Weinbergen (Ri 15,4) auch Hülsenfrüchte, wie Kichererbsen an[4]. Es zeigt sich also, dass sie nicht nur von Eroberungszügen zur Erntezeit lebten, wie die Midianiter und Amalekiter zur Zeit Gideons es pflegten (Ri 6,3f), sondern auch selbst Hand an den Pflug legten.

Sprachlich oder gar schriftlich ist hingegen nicht viel von den Philistern überliefert.[5] Das legt die Schlussfolgerung nahe, dass sie sich in diesem Bereich im Sinne einer kulturellen Assimilation sehr stark an die Vorgaben ihrer Umgebung anpassten.[6] So spricht z.B. Nehemia 13,23f davon, dass aus Mischehen mit Israeliten hervorgegangene Kinder Aschdods nur zur Hälfte noch Aschdodisch sprachen.

Handwerklich zeigen die Philister z.T. eine gewisse Überlegenheit gegenüber dem Volk Israel – zumindest phasenweise – besonders im Bereich der Metallverarbeitung (1Sam 13,20) und erwecken so den Eindruck, früher als manch andere Volksgruppe den Sprung von der Bronze- in die Eisenzeit geschafft zu haben. Im Bereich der Keramik lassen sich bei den Philistern sowohl mykenische[7], als auch zypriotische[8] und ägyptische[9] Einflüsse erkennen, welche zugleich auf eine rege Handelstätigkeit hinzuweisen scheinen.

Kulinarisch wussten sich die Philister an keine Speisegebote gebunden, wie die Israeliten. So legen archäologische Funde nahe, dass sowohl Schwein, als auch Hund auf ihrem Speiseplan zu finden war.[10]

Architektonisch reichte ihr Spektrum von einfachen Gehöften[11], über religiöse Kultplätze[12] bis hin zu starken Befestigungsanlagen[13], wobei sie besonders auf Lehmziegel als Baumaterial zurückgriffen.[14]

Musikalisch verstanden sich die Philister auf die typischen Instrumente ihrer Zeit. So zeigt ein in Aschdod gefundener Kultständer Musiker mit Doppelflöte, Becken, Tamburin und Leier.[15]

Religiös ließen sie sich in ihrem Pantheon scheinbar von den Völkern um sich herum ebenso beeinflussen, wie in anderen Bereichen. So übernahmen sie vermutlich auch die Götter Kanaans oder zumindest deren Namen[16], wie z.B. den assyrischen[17] Gott Dagon oder die sidonische Astarte (1Kön 11,5) und Baal Sebub. Über ihre ursprünglichen Götter bzw. deren einstige Namen ist nicht viel bekannt.[18]

Kulturell passten sich die Philister jedenfalls immer wieder an ihre Siedlungsgebiete an und inkulturierten somit nicht nur ägäische und ägyptische, sondern auch semitische, kanaanäische, aramäische und arabische Einflüsse.[19]

Alles in allem zeigt sich, dass das Volk von Kaftor sich kulturell längst nicht auf seinen ausgeprägten Militarismus reduzieren lässt. Die Philister waren nicht nur Krieger, sondern auch Bauern, Händler, Handwerker und Bauleute, die sowohl harte Arbeit mit wirtschaftlichem Wohlstand, als auch Mangelernährung kannten.

 

_________________________________________________

[1] Vgl. Ehrlich

[2] Vgl. Eissfeldt, S. 27

[3] Vgl. Ebd., S. 29

[4] Vgl. Dothan, S. 109

[5] Vgl. Eissfeldt, S. 10

[6] Vgl. Ebd., S. 33

[7] Vgl. Dothan, S. 39

[8] Vgl. Ebd., S. 53

[9] Vgl. Ebd., S. 108

[10] Vgl. DER SPIEGEL

[11] Vgl. Dothan, S. 109

[12] Vgl. Elkowicz, S. 33

[13] Vgl. Dothan, S. 200

[14] Vgl. Elkowicz, S. 32ff

[15] Vgl. Dothan, S. 192

[16] Vgl. Elkowicz, S. 31f

[17] Vgl. Urquhart, S. 11f

[18] Vgl. Eissfeldt, S.36f

[19] Vgl. Ebd., S. 34

 

Quellen:

Dothan, Trude u. Moshe, Die Philister. Zivilisation und Kultur eines Seevolkes, München 1995

Ehrlich, Carl, Philister, https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/philister-2/ch/cd77f0f88720e1449492bb2f7219b745/, Zugriff am 17.12.2020

Elkovicz, Dominik, Tempel und Kultplätze der Philister und der Völker des Ostjordanlandes. Eine Untersuchung zur Bau- und Kulturgeschichte während der Eisenzeit I-II, in: Alter Orient und Altes Testament, Bd. 378, Münster 2012

Eissfeldt, Otto, Philister und Phönizier, in: Der Alte Orient. Gemeindeverständliche Darstellungen, Vorderasiatisch-Ägyptische Gesellschaft, Bd. 34, Heft 3, Leipzig 1936

DER SPIEGEL, Erstmals Philister-Friedhof entdeckt. Goliath war wirklich der Größte, https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/israel-philister-friedhof-des-volkes-von-goliath-entdeckt-a-1102304.html,   Zugriff am 17.12.2020

Urquhart, John, Von der Philisterzeit bis zur babylonischen Gefangenschaft, in: Die neueren Entdeckungen und die Bibel, Bd. 4, Stuttgart 1903

Zurück