Paris: Eindrücke im Holocaustmuseum und bei der Stadtführung während der LCJE-Konferenz 2025

Paris – Stadt der Kunst, Geschichte und lebendigen Kultur. Doch nur wenige Schritte von der Seine entfernt öffnet sich ein Raum der Stille und Erinnerung: das Mémorial de la Shoah, das französische Zentrum des Gedenkens an die Schoah. Zwischen Fotografien, Gedenktafeln und den in Stein gemeißelten Namen der Opfer spürt man die Schwere und die Würde dieser Geschichte. Der Ort macht eindrücklich bewusst, dass jüdisches Leben in Europa nicht nur Vergangenheit ist, sondern auch Gegenwart und Zukunft hat.

Die LCJE-Konferenz 2025 in Paris brachte europäische Leiter und Interessierte zusammen, um über das Evangelium, den Antisemitismus und die Zukunft jüdischen Lebens in Europa zu sprechen. Besonders die Auswirkungen der Ereignisse seit dem 7. Oktober 2023 standen im Fokus – Themen, die die Diskussionen und Gespräche untereinander während der Konferenz tief prägten. Ein Teil der Konferenz bestand aus einer Stadtführung mit einem Besuch im Museum zum Holocaustgedenken, es folgen einige Eindrücke.

 

Eindrücke aus dem Mémorial de la Shoah

Direkt beim Eingang des Museums steht der Satz: „Je vous promets d’etre la memoire de votre memoire.“ und darunter die englische Übersetzung: „I promise to be the memory of your memory.“ Der Satz stammt aus einem interaktiven Video-Terminal im Rahmen der Ausstellung „Die Kinder der Shoah“. Besucher können dort in die Rolle eines Kindes schlüpfen, das von einem Überlebenden des Holocausts adoptiert wird. Am Ende dieses interaktiven Erlebnisses verspricht der Besucher:
„Ich verspreche, das Gedächtnis deines Gedächtnisses zu sein“. Dies symbolisiert das Versprechen, die Geschichten der Überlebenden zu bewahren und weiterzugeben.

 

Zu Beginn der Ausstellung ist ein Zeitstrahl über Antisemitismus in Europa, angefangen beim Exil in Babylon (597 v.Chr.) bis heute.

 

Viele verschiedene Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus sind ausgestellt, darunter ein Exemplar von „Mein Kampf“ und ein Exemplar des Journals von Anne Frank.

 

In einer Ausstellung mit Schwerpunkt auf visuelle Wahrnehmung werden lebensgroß Bilder von den Konzentrationslagern gezeigt.

 

Hier sieht man den Aufbau des Warschauer Ghettos, in dem viele zehntausende Juden umgebracht wurden oder zu Tode kamen.

 

Ein besonderer Fokus des Museums liegt auf der Menschlichkeit der Opfer. In diesem Gang auf dem Foto werden Bilder von deportierten Juden aus Frankreich gezeigt.

 

In der Krypta unter dem Vorplatz befindet sich ein schwarzer Davidstern aus Marmor. Es ist das symbolische Grab der sechs Millionen Juden, die ohne Begräbnis gestorben sind.

 

Im Innenhof steht die „LE MUR DES NOMS“, also auf deutsch: „Die Mauer der Namen“. Sie umfasst etwa 76.000 Namen von Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Über 11.000 davon waren Kinder.

 

Außerhalb des Museums kann man „LE MUR DES JUSTES“ sehen (Die Mauer der Gerechten). Sie trägt die Namen von mehr als 3.900 Männern und Frauen, die unter Lebensgefahr zur Rettung von Juden in Frankreich während des Zweiten Weltkriegs beigetragen haben.

 

Eindrücke von der Stadtführung durchs Marais

Nach dem Besuch im Museum führte unser Weg weiter ins Marais, dem historischen Juden-Viertel der Stadt. In den engen Gassen zwischen Synagogen, koscheren Bäckereien und Erinnerungsorten zeigt sich eine lebendige Gemeinschaft, die ihre Geschichte in den Alltag integriert. Eine Spurensuche, die berührt und zugleich die Frage stellt: Wie lässt sich das Evangelium heute in jüdischen Kontexten teilen, ohne die Kultur und Tradition zu verletzen?

Das Viertel wurde im Laufe der Zeit immer vielseitiger genutzt, ist aber dennoch stark von seinen jüdischen Wurzeln geprägt. Es ist einer der wenigen Bereiche in Paris, in dem die Juden ihre Kultur offen leben können, ohne dafür angegriffen zu werden. Angesichts des steigenden Antisemitismus ist aber auch dort unter Juden die Angst und Vorsicht erhöht. Das führt dazu, dass sich die Juden weitestgehend abschotten. Durch die Notwendigkeit sich zu schützen und die resultierende Isolation kommt es teilweise auch zur Selbstisolierung von der Gesellschaft. Dies führt dazu, dass die meisten nicht offen in den Dialog mit Christen treten wollen, da sie sonst ihr Ansehen verlieren könnten, weil sie ihre jüdische Kultur vernachlässigen. So zumindest berichtete es der Stadtführer, der sich die Evangelisation in der Gegend zum Lebenswerk gemacht hat und eben dies auf vielen Evangelisationseinsätzen erlebt hat.

Er ist selbst in Paris aufgewachsen und hat die Entwicklung des Viertels und den Anstieg des Antisemitismus in der Gesellschaft im eigenen Leben erfahren. Seit vielen Jahren wird versucht, dort mit Büchertischen und Straßenpredigten die Menschen zu erreichen, meist leider erfolglos. Um die Hemmschwelle für Kontakt bei den Juden zu verringern, setzt seine Organisation inzwischen meistens auf kleine, kompakte Neue Testamente, die farblich unauffällig sind und weitergegeben werden können, um somit auf diese Weise das Evangelium zu den Juden bringen. Durch seinen Kontakt zu den Juden dort konnten wir eine „geheime“ Synagoge besuchen.

 

Um diesen Synagogenraum zu betreten, musste man durch einen versteckten Eingang in einem Wohnhaus und dann durch einige eiserne Tore gehen. Sie liegt komplett versteckt, um ein Zufluchtsort für die Juden zu sein und ihnen Sicherheit besonders beim Gebet zu geben.

 

Am 9. Oktober 1982 verübten Terroristen der Abu-Nidal-Organisation einen Anschlag auf das koschere Restaurant Jo Goldenberg in der Rue des Rosiers im Marais-Viertel. Sechs Menschen wurden getötet, 22 verletzt. Das Attentat richtete sich gezielt gegen die jüdische Gemeinde und gilt als einer der schwersten antisemitischen Anschläge in Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute herrscht dort wieder normales Leben und es gibt ein neues Restaurant, doch der Schrecken sitzt tief und die Erinnerung lebt weiter.

 

Das Foto zeigt die Fassade der „Librairie du Temple“, einer jüdischen Buchhandlung im Pariser Marais-Viertel, ein Teil des historischen Zentrums jüdischen Lebens in Frankreich. Neben der französischen Aufschrift sind hebräische Texte zu sehen, die auf religiöse Literatur wie Talmud, Gebetbücher und Kabbala-Schriften hinweisen. Die Kombination aus den beiden Sprachen spiegelt die Verbindung von jüdischer Tradition und europäischer Kultur wider – ein Sinnbild für das fortdauernde jüdische Leben in der Diaspora. Solche Orte machen sichtbar, wie tief verwurzelt jüdische Geschichte und Religion im europäischen Alltag geblieben sind, besonders in Paris.

 

Ausblick

Die Stadtführung durch das jüdische Paris hat uns mehr gezeigt als historische Orte. Sie hat uns Menschen und Geschichten nahegebracht, die von Schmerz und Hoffnung zugleich erzählen. Zwischen dem Mémorial de la Shoah und der belebten Rue des Rosiers spannt sich ein Bogen, der bis heute nicht gerissen ist: die Treue Gottes zu seinem Volk.

Gerade im Rahmen der LCJE-Konferenz wurde deutlich, dass christlich-jüdische Begegnung mehr ist als Dialog. Sie ist ein gemeinsames Hören – auf Gottes Geschichte mit Israel und auf seine Verheißungen, die Bestand haben.

Das jüdische Leben in Paris ist lebendig, verletzlich und stark zugleich. Es erinnert uns daran, dass Gottes Bund nicht gebrochen ist. Wer mit offenen Augen durch diese Straßen geht, sieht Spuren des Ewigen – in Steinen, Namen und Gesichtern.

Und vielleicht hören wir inmitten des Lärms der Stadt ein leises Echo seiner Zusage:

„Ich habe dich je und je geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“ (Jeremia 31,3)

 

Quellen:

https://www.memorialdelashoah.org/de/le-memorial/les-espaces-du-musee-memorial/la-crypte-et-le-fichier-juif.html

https://www.memorialdelashoah.org/de/

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