Jerusalem – Israels Hauptstadt?!

Ein vorläufiger Kommentar zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels von Seiten der USA.

 

Wenn wir einen Blick auf die aktuelle, emotional aufgeladene Situation werfen, wollen wir hier am Institut für Israelogie wie auch sonst nach dem Prinzip „Erst die Fakten, dann die Meinung“ verfahren.

Einige politisch-geschichtliche und theologische Fakten:

  1. Der Beschluss, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, hat nichts mit Trump zu tun. Der US-Kongress hatte bereits 1995 die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem beschlossen. Trumps Vorgänger nutzten jedoch stets eine Klausel, die es ermöglicht, den Schritt um weitere sechs Monate zu verschieben. Auch Trump hatte den Aufschub in seiner fast einjährigen Amtszeit einmal gebilligt. Nun setzt er um, was 1995 bereits beschlossen worden war.
  1. Russland erkannte bereits im April dieses Jahres (West-) Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels an, ohne dass davon groß berichtet wurde oder es zu Ausschreitungen kam.
  1. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte die Entscheidung Trumps als „historisch“. Er rief andere Staaten auf, dem Vorbild der USA zu folgen und ebenfalls ihre Botschaften nach Jerusalem zu verlegen. Einige Länder wie z.B. Tschechien folgen dieser Entscheidung bereits.
  1. Trotz vieler Jahre der politischen Friedensbemühungen im Nahostkonflikt gab es unter den meisten Betroffenen keinen echten Frieden, sondern nur gedeckelte und kanalisierte Ruhe mit bedauerlichen Intifada-Zwischenzeiten.
  1. Auch wenn es von Einigen immer wieder behauptet wird, erfüllt diese politische Entscheidung keine biblische Verheißung.

Unsere Meinung dazu:

Aus politischer Perspektive kann und sollte man Donald Trump nicht als „Sündenbock“ darstellen. Ob er auf die Ratifizierung des 1995er-Kongressbeschlusses um der insgesamt angespannten Lage in Nahost diplomatisch auch weiterhin hätte besser verzichten sollen, wie seine Amtsvorgänger auch, ist hier nicht zu bewerten. Er hat es in voller Souveränität eines Staatsoberhauptes getan, was sein Recht ist. Die eskalierende Gewalt in Palästinensergebieten und arabischen Staaten geht deshalb nicht von Präsident Trump aus, selbst wenn man die Entscheidung Trump politisch als unweise bezeichnen würde. Die Gewalt und der Hass gehen von anti-jüdischen Gruppen und radikal-islamischen Organisationen aus. Diese gilt es anzuprangern und zu tadeln.

Die Entscheidung, den Beschluss aus dem Jahr 1995 in Kraft treten zu lassen, kann zwar als Provokation betrachtet werden, allerdings war der Beschluss nicht die alleinige Idee von Trump. Der Vorwurf, dass er den Friedensprozess im Nahen Osten störe, übersieht, dass dieser bereits seit Jahren festgefahren ist. Die weiteren Gewaltmöglichkeiten, die infolge dieser Anerkennung (West-)Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA ausbrechen könnten, brodeln bereits in gedeckelter und kanalisierter Form unter der Oberfläche des Konflikts vor sich hin. Solange dieses Gewaltpotential vorherrscht, ist ein Friedensprozess ohnehin undenkbar. Die Entscheidung von Präsident Trump könnte also lediglich ans Licht bringen, was im Nahen Osten sowieso den politischen Tatsachen entspricht. Zudem erkennen nun auch andere Länder durch die Verlegung ihrer Botschaft die Tatsache an, dass (West-) Jerusalem unter anderem durch den Sitz der Knesset schon lange die Hauptstadt Israels ist. Russland beispielsweise traf diese Entscheidung sogar bereits im April dieses Jahres. Über diesen Schritt gab es keine bzw. kaum Meldungen und es hat auch keine nennenswerten Ausschreitungen auf palästinensischer Seite dagegen gegeben. Trump nun als Verursacher eines angeblich zuvor nicht (oder kaum) vorhandenen Übels zu bezeichnen, das in den kommenden Jahren im Miteinander dort Wirklichkeit werden könnte, würde eine maßlose Vereinfachung des komplizierten Konflikts bezeichnen und Ahnungslosigkeit bei der Bewertung der Faktenlage attestieren.

Tafel im „Gartengrab“ in Ost-Jerusalem

Aus theologischer Perspektive muss betont werden, dass es sich bei der Anerkennung von (West-)Jerusalem als Hauptstadt Israels durch die USA um eine rein weltlich-politische Entscheidung handelt, die keine biblische Verheißung erfüllt. Dennoch dürfen wir davon ausgehen, dass Gott genau weiß, was politisch gerade geschieht. Ihm läuft dort nichts aus dem Ruder. Er behält die Kontrolle, was auch immer politische Kräfte – bis hin zur nächsten Intifada – tun werden. Sein Plan für Israel und Jerusalem wird ausgeführt werden, was auch immer Völker und Herrscher dagegen oder dementsprechend beschließen mögen.

Wir Christen sind aufgefordert, den Juden und der weltlichen Regierung des Staates Israel mit Fürbitte und Zuwendung beizustehen (Röm. 10-11) und auch für die muslimischen Gruppen und Nationen zu beten. Zudem sollten wir in Fürbitte für die Obrigkeiten der USA, der EU und weiteren beteiligten Staaten und Nationen einstehen, auf dass menschliche Tragödien und Gewaltausbrüche vermieden werden mögen. Doch nicht unser, sondern Gottes Wille geschehe, der die Situation im Nahen Osten voll durchblickt und entsprechend planen, zulassen und verhindern wird.

bs/st

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